„Immer mehr institutionelle Investor*innensetzen auf Nachhaltigkeit. Denn sie wissen: Der Klimawandel stellt einen entscheidenden Wirtschaftsfaktor in den Märkten der Zukunft dar. Ihn zu beachten hilft, Risiken zu minimieren und Anlagechancen zu erkennen. Diese Zusammenhänge im Rahmen der Anlageberatung auch stärker ins Bewusstsein von Kleinanleger*innen zu bringen, ist eine wichtige Aufgabe der vielen Finanzanlagevermittler*innen in ihrem täglichen direkten Kundenkontakt.Seit dem 2. August 2022 ist die Abfrage der Nachhaltigkeitspräferenzen in der Anlageberatung verpflichtend. Trotzdem sind nachhaltige Geldanlagen laut einer Umfrage des BdB aus dem Oktober 2023 weiterhin nur rund der Hälfte der Befragten ein Begriff. Vor allem Wissenslücken und fehlende Informationen halten von nachhaltigen Geldanlagen ab. Dies macht deutlich: Der Prozess zur Abfrage der Nachhaltigkeitspräferenzen nach Mifid II ist womöglich zu komplex und wenig anlegerfreundlich und damit reformbedürftig.
Ist für mich von Belang, welche Auswirkungen meine eigene Geldanlage auf Umwelt- und soziale Kriterien hat? Möchte ich durch meine Anlage Positives bewirken – etwa durch Investitionen in schon nachhaltige Geschäftsmodelle oder Investitionen, die zu einer Transformation beitragen? Diese Fragen in einem jeden Beratungsgespräch zu klären, ist richtig und wichtig. Wie viel Mehrwert es jedoch bringt, Anleger*innen in die komplexen Nachhaltigkeitskonzepte der Taxonomie und Offenlegungsverordnung einzuführen und darüber hinaus konkrete Mindestquoten abzufragen, ist hingegen fraglich. Zumal beispielsweise hohe Taxonomiequoten von Finanzprodukten, aufgrund der fatalen Entscheidung Atom und Gas als nachhaltig zu klassifizieren, kein geeigneter Gradmesser dafür sind Negatives zu vermeiden oder Positives zu bewirken; und der ’Green Asset Ratio’ ein reformbedürftiger Indikator ist.
Anpassungsbedarf besteht auch bei der Regulierung nachhaltiger Finanzprodukte. Schließlich geht es darum, Kund*innen am Ende der Beratung ein zu ihren Nachhaltigkeitspräferenzen passendes Produkt anzubieten. Hier rächt sich, dass im Rahmen der EU-Offenlegungsverordnung versäumt wurde, neben Transparenzpflichten auch klare Mindestkriterien für nachhaltige Finanzprodukte zu schaffen. So kann sich eine Beraterin bspw. nicht darauf verlassen, ihrem ökologisch anspruchsvollen Kunden mit der Präferenz Positives zu bewirken mit einem ,dunkelgrünen‘ Art. 9 Produkt gerecht zu werden. Denn nur 60 Prozent dieser Fonds verfolgen nach einer aktuellen Studie der Uni Hamburg tatsächlich eine wirkungsorientierte Anlagestrategie.
Insgesamt gilt: Mit einfacheren und vor allem sinnvoller aufeinander abgestimmten Regeln ließe sich das wichtige Ziel, Nachhaltigkeit von Finanzanlagen in der Breite zu verankern, besser erreichen.“
„Die Europäische Politik wird im Jahr 2024 ganz wesentlich von der Europawahl geprägt sein, die Anfang Juni stattfinden wird und bei der ein neues Europäisches Parlament gewählt wird. Im nächsten Schritt wird es auch eine neue Europäische Kommission geben.Bis zur Wahl verbleiben aber noch einige Monate, die gut genutzt sein wollen. Schließlich wird noch fleißig an einer Reihe regulatorischer Großprojekte gearbeitet. Im Wirtschafts- und Währungsausschuss des Europäischen Parlaments ist das nicht zuletzt die Kleinanlegerstrategie, die für den Finanz- und Versicherungsvertrieb von entscheidender Bedeutung ist.
Der Vorschlag der Europäischen Kommission lässt leider an vielen Stellen zu wünschen übrig. Zwar ist das Gespenst eines allgemeinen Provisionsverbots für den Moment vertrieben, nichtsdestoweniger ist der Kommissionsvorschlag von einer tiefen Skepsis gegenüber dem Modell der provisionsbasierten Beratung gezeichnet. Zu allem Überfluss versucht die Europäische Kommission in ihrem Vorschlag auch, den Finanz- und Versicherungsvertrieb über einen Kamm zu scheren.
Einige der Probleme sind im Berichtsentwurf der Berichterstatterin bereits adressiert. Die Debatte bewegt sich hier also in die richtige Richtung. Nichtsdestotrotz liegen die Positionen im Parlament weiterhin weit auseinander und ein Abschluss der Verhandlungen vor Ende der Legislaturperiode ist alles andere als sicher. Sollte eine Positionierung bis zum Ende der Legislaturperiode nicht gelingen, würde die Arbeit vom neuen Europäischen Parlament – womöglich unter neuen Vorzeichen – von neuem begonnen.
Während das Schicksal der Kleinanlegerstrategie für den Moment noch offen bleibt, ist eines schon jetzt klar: es wird im Herbst des kommenden Jahres eine neue Europäische Kommission und einen neuen Kommissar für Finanzmarktfragen geben. Dieser Personalwechsel muss meines Erachtens auch mit einer neuen inhaltlichen Prioritätensetzung einhergehen. Die neue Kommission sollte sich verstärkt Themen wie die Konsolidierung des Rechtskörpers und dem Abbau unnötiger bürokratischer Vorschriften beschäftigen. Dies wurde bei der Kleinanlegerstrategie nämlich leider versäumt.“
Der „Wert der Beratung“ ist der Titel einer amerikanischen Studienreihe, die den Wert der persönlichen Beratung von Vermittlern im Bereich der finanziellen Vorsorge und der Lebensversicherung untersucht hat. Der positive Einfluss einer professionellen Beratung auf die Spardisziplin, Vermögensentwicklung und die Altersvorsorge wurde in der Studie mit eindeutigen Zahlen belegt. In Deutschland wurden die Ergebnisse der Studie insbesondere im Zusammenhang mit dem drohenden Provisionsverbot mit in die Diskussion eingebracht. Doch wie steht es um den „Wert der Beratung“ bei Maklern, die Produkte außerhalb der finanziellen Vorsorge vertreiben? Reicht die Eigenrecherche mit Vergleichsrechnern im Internet, oder bieten Makler einen Mehrwert, der nur durch eine individuelle, persönliche Beratung erbracht werden kann? Thomas Hebel (Leiter Vertrieb) und Matthias Vormbrock (Leiter Maklervertrieb) von der Haftpflichtkasse VVaG geben im persönlichen Gespräch spannende Denkanstöße zu diesem Thema.
Wird eine Versicherung benötigt, so recherchieren die Verbraucher im Internet und nutzen die gängigen Online-Vergleichsrechner. Die Kunden sind quasi ihre „eigenen Berater“. Warum, so könnte man ketzerisch fragen, sollen sie dann für vermeintlich wenig erklärungsbedürftige Produkte wie z. B. der Haftpflicht- und der Hausratversicherung noch einen Makler beauftragen?
Thomas Hebel: Ich würde gerne ein Mysterium aufklären – das Schreckgespenst vom „Ende der persönlichen Beratung“ dank Digitalisierung. Laut GDV sind Direktabsatz und Vergleichsportale seit 2017 weiterhin unterdurchschnittlich am Neugeschäft beteiligt. Bei SHU gerade einmal mit einem Anteil von 2,8 % (2021). Der so genannte RoPo (research online purchase offline) Effekt zeigt deutlich, dass Menschen zwar online recherchieren, aber weiterhin mehrheitlich über Menschen abschließen. Diese vermeintlich wenig erklärungsbedürftigen Produkte haben alle ihre Besonderheiten und gehören zu einer umfassenden Beratung dazu. Eine gute Kundenbeziehung endet auch nicht beim Vertragsabschluss, sondern reicht bis hin zur Schadensregulierung. Hier spielen persönliche Bindungen zwischen Maklern und Kunden eine besondere Rolle.
Matthias Vormbrock: Zweifellos geht die Leistung eines Maklers weit über den Vergleich von Preisen und Deckungsinhalten hinaus. Der Makler berät (unterbewusst) in einer Vielzahl von Fragen, die der Kunde nicht sieht: Wie smart ist der Versicherer aufgestellt? Funktionieren Service und Schadenbearbeitung? Wie ist die Prozesslandschaft und wie stabil ist die Tariflandschaft? Ein Makler hat immer einen ganzheitlichen Blick auf den individuellen Beratungsanlass.
Selbst wenn die Verbraucher den „Wert der Beratung“ durch Vermittler anerkennen, spielt der Zeitfaktor oft den Online-Rechnern in die Hände. Wie können neue, innovative Ansätze der Kundenberatung in einer immer schnelllebigeren Zeit aussehen?
Thomas Hebel: Makler haben das digitale Potential schon längst erkannt. Über Websites der Makler oder sogar eigenen Apps lassen sich Produkte für Kunden leicht abschließen. Dennoch bleibt der Bezug zur persönlichen Beratung erhalten. Versicherungsmakler sind, wie die bereits zitierte GDV-Studie zeigte, in allen Sparten ein wichtiger Vertriebskanal.
Matthias Vormbrock: Dem ist wenig hinzuzufügen. Der moderne Vermittler ist längst hybrid unterwegs. Ob über einen Dienstleister, einen Pool oder die Einbindung von Rechenkernen auf der eigenen Homepage. Die Möglichkeiten sind vielfältig. Aber es sind nicht nur die digitalen Wege beim Abschluss. Die Beratungsanlässe sind oft sehr ähnlich, so dass der Makler zum Beispiel über Erklärvideos und informative Einbindungen über Social Media seinen Expertenstatus nach außen stärken kann. Die Kunden sind durch die Mediennutzung besser vorbereitet und der Makler kann direkt in die konkrete Beratung einsteigen.
Regelmäßige Weiterbildungszeiten bilden eine wichtige Grundlage für eine optimale Beratung. Wie können die Versicherungsgesellschaften die Makler am besten beim Thema Aus- und Weiterbildung unterstützen?
Thomas Hebel: Wir unterstützen unsere Geschäftspartner über mehrere Wege. Wir bieten eigene Webinare und Vor-Ort Events an, um Fachwissen und Neuheiten direkt zu transferieren. Als Haftpflichtkasse sind wir ebenfalls Förderer von Initiativen und Einrichtungen, wie beispielsweise der Deutschen Maklerakademie und natürlich auch der BFV.
Matthias Vormbrock: Die Anforderungen an einen modernen Maklerbetrieb sind enorm und der Weiterbildungsbedarf geht in vielen Bereichen über das Fachliche hinaus. Darüber hinaus gilt es auch „überfachlich“ am Ball zu bleiben. Zum Beispiel rechtliche Inhalte wie die DSGVO mit einer immer schneller werdenden Kommunikation in Einklang zu bringen. Dazu kommen häufig unterschätzte Weiterbildungsfelder wie etwa die Themen Führung von Mitarbeitenden oder der Stellenwert von Social Media. Es profitieren alle, wenn Versicherer die angebunden Partnerbetriebe auch in diesen Feldern mit Weiterbildungsangeboten unterstützen.
Vertrauenswürdigkeit ist in der Kundenbeziehung von zentraler Bedeutung. Wie kann die hohe Beratungskompetenz der Makler für den Verbraucher noch transparenter und sichtbarer gemacht werden?
Matthias Vormbrock: Bezogen auf den Beratungsprozess ist eine systematische Erfassung und Protokollierung der individuellen Risiko- und Vorsorgesituation schon allein optisch sehr umfangreich und macht den Wert einer umfassenden Marktanalyse „transparent“. Dies ist aber nur das, was für den Kunden sichtbar ist. Vertrauen entsteht, wenn wir uns den Menschen „nahe fühlen“. Wenn wir mit ihrer Einstellung, ihrem Handeln und ihrer Persönlichkeit sympathisieren. Um all das zu vermitteln, lautet meine Empfehlung: Lassen Sie auch mal hinter die Kulissen schauen. Ob beim Besuch von Fortbildungen, auf Messen oder bei der Vorstellung von Mitarbeitern und Kunden – über Social-Media Plattformen können Maklerunternehmen so „nah“ am Interessenten sein wie nie zuvor. Hier eine Strategie zu entwickeln und auch aktiv Zeit und Budget einzuplanen, ist im Hinblick auf Vertrauen, Transparenz und Sichtbarkeit sicher eine gute Entscheidung.
Die individuelle Anpassung der Versicherung an die jeweilige Lebenssituation und die regelmäßige Überprüfung des Versicherungsschutzes gehören sicherlich zu den wichtigsten Beratungsleistungen. Wie können Versicherer den Vermittler dabei unterstützen und damit den „Wert der Beratung“ weiter erhöhen?
Thomas Hebel: Wir helfen unseren Vermittlern über alle relevanten Kanäle auf dem aktuellen Stand zu bleiben und bieten Hilfestellung bei Bestandskampagnen. Darüber hinaus bieten wir eine wertvolle Übersicht über Handlungsoptionen im Extranet – wie Beitragsanpassungen zur Sicherung der Innovationsgarantie und Wege zum bestmöglichen Versicherungsschutz.
Matthias Vormbrock: Zum einen natürlich durch innovative Produkte, die die verschiedenen Lebenssituationen „mitdenken“ (zum Beispiel durch Vorsorgeregelungen und Innovationsgarantien). Zum anderen aber auch durch gezielte Kampagnen, in denen Kundengruppen passgenaue Ergänzungen oder Erweiterungen zu bestehenden Verträgen angeboten werden.
Das Interview führte Thomas Petzinna im Auftrag der BFV.
Das Provisionsverbot – kommt es oder kommt es nicht? Seit Monaten kann man die Diskussion in der Presse verfolgen. Als Maklerversicherer zählt für uns die gute Zusammenarbeit mit unseren Geschäftspartnern und wir wissen die intensive Beratungsarbeit, die sie leisten, sehr zu schätzen. Und der Wert einer solchen Beratung lässt sich auch messen. Im Englischen ist der “Value of Advice” bereits ein gesetzter Begriff und das Thema selbst seit Jahren in mehreren Ländern erforscht.
Was ist damit gemeint? Kurz zusammengefasst ist es der positive Einfluss, den regelmäßige professionelle Beratung auf Kunden und ihre Geldanlagen hat. Im Wesentlichen gibt es drei nachweislich positive Faktoren für Anleger, die sich aus der Zusammenarbeit mit einem Berater ergeben:
Beratene Verbraucher sparen mehr als diejenigen ohne einen Berater. Angesichts leerer Rentenkassen sicher auch für Deutschland eine wichtige Erkenntnis und Zielsetzung.
Auch im Endergebnis lässt sich der positive Beratungseffekt klar belegen: Kunden mit Beratung erzielen unterm Strich einfach die besseren Ergebnisse – sprich mehr Kapital – für ihr Alter.
Beratene Anleger handeln deutlich entspannter bei Kapitalmarktschwankungen, reagieren gelassen und handeln nicht vorschnell.
Das sind Erkenntnisse, die bereits in mehreren wissenschaftlichen Studien in unterschiedlichen Ländern, z.B. Kanada, USA und Irland, untersucht wurden.
Die Notwendigkeit für Beratung
Eine dieser Studien kommt zum Beispiel von unserer amerikanischen Schwestergesellschaft Empower, die die betriebliche Altersversorgung von über 17 Millionen Kunden in den USA betreuen. Die Ergebnisse dort zeigen zunächst, dass es einen konkreten Anlass, eine Notwendigkeit, für Beratung gibt. Denn bei den Menschen in Amerika verliert das Thema Altersvorsorge in den Sparzielen zunehmend an Bedeutung. Gleichzeitig sinkt die Zuversicht für das Alter gut abgesichert zu sein. Was kann hier verändert werden? Man muss Anreize für Kunden schaffen, sich mit dem Thema Altersvorsorge auseinanderzusetzen. Denn auf der Positivseite wurde herausgefunden, dass Kunden, die sich aktiv mit dem Thema auseinandersetzen, eine um 56% höhere Sparquote haben. Und sie agieren zudem souveräner in ihren Investment Entscheidungen. Dieser Effekt ist bei Menschen, die professionelle Beratung in Anspruch nehmen, noch verstärkt. Sie sind auch zuversichtlicher, dass sie für ihren Ruhestand finanziell gut aufgestellt sind. Und über die Hälfte der Befragten wünscht sich, sie hätten eine professionelle Beratung früher in Anspruch genommen. Ein Studienteilnehmer sagt dazu: “Ich hätte meinem jüngeren Ich geraten […] früh anzufangen. Suche früh Hilfe und finde jemanden, dem du wirklich vertraust und der dir etwas über Finanzkompetenz beibringen kann. Es ist so viel einfacher in jungen Jahren die Vorteile zu nutzen.”
Zahlen, die für sich sprechen
Die Notwendigkeit für eine Beratung wird von den Menschen also erkannt. Es gibt ihnen ein Gefühl der Sicherheit und Selbstvertrauen. Doch der Wert der Beratung geht weit darüber hinaus. Eine kanadische Studienreihe von Montmarquette & Viennot-Briot hat den Einfluss von professioneller Beratung auf das Vermögen von über 3.500 kanadischen Haushalten untersucht. Davon arbeitete knapp die Hälfte der Befragten mit einem Berater zusammen. Und die Zahlen heben diesen sogenannten Wert der Beratung deutlich hervor. Bereits nach 4 Jahren hatten Haushalte mit Berater 60% höhere Vermögenswerte als vergleichbare Haushalte ohne Berater. Nach 15 Jahren lag der Unterschied bereits bei 290% – das ist 3,9 Mal so viel wie in Haushalten ohne Berater.
Die Autoren haben sich die Ergebnisse genauer angeschaut, um herauszufinden, wo der Unterschied liegt – mit anderen Worten: Wie beeinflusst der sogenannte Value of Advice die Entwicklung des Vermögens? Dabei konnten sie zwei wichtige Faktoren herausarbeiten: Befragte mit Finanzberatern haben zum einen höhere Sparquoten, also eine höhere Spardisziplin. Zum anderen ist ihr Vermögen anders verteilt: sie haben einen größeren Anteil ihrer Anlagen in Sachwerten investiert.
In einem zweiten Schritt untersuchten die Wissenschaftler die Entwicklung von Vermögenswerten von 2010 bis 2014. Und diese Ergebnisse zeigten vor allem eines: Die Abkehr von einem Finanzberater war kostspielig. Denn Haushalte, die über die gesamten vier Jahre mit ihrem Berater zusammengearbeitet haben, hatten in ihren Vermögenswerten einen Zuwachs von 16,4%. Haushalte, die nach 2010 keinen Berater mehr hatten, hatten einen Zuwachs von lediglich 1,7%.
Eine weitere Studie des Maklerverbands Financial Broker belegt diesen Effekt ebenfalls. In der Studie wurden über 1.000 Menschen in Irland befragt. Diejenigen, die mit einem Berater zusammenarbeiten hatten mehr als doppelt so häufig eine Rentenversicherung (73%) wie diejenigen ohne Berater (34%). Und auch die Ersparnisse waren bei Menschen mit Berater deutlich höher: in ihrem Rententopf befanden sich durchschnittlich 128.933€. Menschen ohne Berater hatten im Durchschnitt 62.600€ in ihrer Altersvorsorge angespart.
Beratung zugänglich machen
Es macht Sinn sich mit den internationalen Ergebnissen intensiver zu befassen und einen Bezug zu unserem Markt herzustellen. Die Diskussion hierzulande scheint sich einzig in der Provisionsfrage verkantet zu haben. Es wird geradezu verbissen und einseitig die Kostenseite betrachtet. Es wird Zeit mal einen Schritt von der Bahnsteigkante zurückzutreten und mit etwas Abstand die Gesamtsituation zu betrachten. Wenn man die internationalen Studien dazu liest, wird einem noch einmal mehr bewusst, wie wichtig die professionelle Beratung für Verbraucher wirklich ist. Denn um den eigenen Bedarf zu ermitteln und die mögliche Versorgungslücke im Alter schließen zu können, braucht es individuelle Lösungen. Mit einer Selbstdiagnose im Internet ist es oft nicht getan. Und das ist eine der großen Sorgen, die in der Diskussion um das Provisionsverbot mitschwenkt. Denn in Großbritannien hat das Provisionsverbot von 2013 nicht zu mehr Honorarberatung geführt, sondern dazu, dass sich 66% der Menschen gar nicht mehr beraten lassen. Wir haben die Möglichkeit eine solche Entwicklung noch abzuwenden. Und wer sich mit der Forschung und den Statistiken auseinandersetzt, wird schnell erkennen: Ja, professionelle Beratung hat ihren Preis – aber sie ist es wert! Gerade das haben wir ja im vergangenen Jahr erlebt: es gab gehörigen Anlass zur Verunsicherung von Lebensversicherungskunden. Und es gab einen deutlich spürbaren Beratungsbedarf. Der wurde von der Branche – allen voran den Vermittlern – auch geleistet. Und in wahrscheinlich 99,9% der Fälle, ohne ein Honorar für diese wichtige Dienstleistung zu berechnen. Deshalb gab es keine Kündigungswelle.
Kunden erwarten, dass rechtliche Fragen schnell beantwortet und Probleme unkompliziert gelöst werden. Gute Rechtsschutz-Produkte leisten das: Hilfe beginnt mit Abschluss des Vertrages und nicht erst im Schadenfall. Serviceleistungen liefern sofort Lösungen, beugen vor und sind für Versicherungsmakler wichtiges Instrument zur Kundenbindung.
Das Bedürfnis der Menschen an Sicherheit und Schutz bleibt hoch. Dies ist Folge der zunehmenden Verrechtlichung aller Lebensbereiche. Die rechtliche Unsicherheit der Menschen und der daraus resultierende Beratungsbedarf nehmen kontinuierlich zu.
Die Anwalts- und Gerichtskosten sind in den letzten Jahren merklich gestiegen. Und die nächste Steigerung zeichnet sich für 2024 bereits ab. Eine Rechtsschutzversicherung hilft bei der Wahrnehmung rechtlicher Interessen. Sie sichert den Zugang zum Recht und schafft Chancengleichheit vor Gericht. Das damit verbundene Kostenrisiko trägt der Versicherer. Die Rechtsschutzversicherung fördert damit soziale Gerechtigkeit und trägt gesellschaftliche Verantwortung.
Aber die Rechtsschutzversicherung ist nicht erst im Schadenfall da. Über die reine Kostenerstattung hinaus haben die Rechtsschutzversicherer zahlreiche Leistungen entwickelt, die immer mehr auch Rechtsvorsorgethemen einschließen. Hier einige Beispiele:
– telefonische Rechtsberatung
– digitale Rechtstools
– Dokumentengeneratoren
– Mandatsservice
– Vertrags-Checks
– Vorsorge-Assistenten zur Erstellung persönlicher Vorsorgeverfügungen
– Cyber-Checks
– Website-Checks
Serviceleistungen wie die anwaltliche Erstberatung am Telefon wurden gerade zu Beginn der Corona-Pandemie äußerst stark genutzt und positiv angenommen. Damit werden die Erwartungen der Kunden erfüllt, die sich laut einer aktuellen Studie des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag des GDV unter anderem einen leichten und schnellen Zugang zu rechtlichen Hilfestellungen wünschen. Für dieses Jahr wird ein hoher Beratungsbedarf wegen der Energiepreis-Problematik erwartet.
Rechtschutz kann darüber hinaus auch spezielle Nachhaltigkeitsaspekte umsetzen. Die DMB Rechtsschutz hat dazu ein neuartiges Produkt entwickelt. Insbesondere bei der jüngeren Generation, die großen Wert auf verantwortungsvolles Handeln legt und der ökologische Aspekte auch bei ihren Versicherungsverträgen wichtig sind, werden solche Produkte immer beliebter.
Mit leistungsstarken Produkten und wertvollen, teilweise auch vorbeugenden Lösungen für sämtliche Rechtsprobleme sorgt die Rechtsschutzversicherung für finanzielle Stabilität und die dauerhaft nötige Sicherheit auch in existenz-bedrohenden Situationen. Sofern man die Rechtsschutzversicherung nicht nur als reinen Kostenerstatter betrachtet und zudem den Aspekt der Nachhaltigkeit berücksichtigt, ergibt sich für Versicherungsmakler großes Potenzial bei der Beratung und Gewinnung neuer Zielgruppen.
Schon heute ist das Angebot an begleitenden Serviceleistungen in der Rechtsschutzversicherung groß und wächst kontinuierlich. Moderne Produkte bieten Hilfe bereits mit dem Abschluss des Vertrages und nicht erst im Schadenfall. Serviceleistungen liefern schnelle Erste Hilfe bei rechtlichen Problemen, bieten vorbeugenden Schutz und sind daher für Makler wichtiges Instrument zur Kundenbindung.
Beitrag von Dr. Wolfgang Hofbauer, Vorstandsvorsitzender der DMB Rechtsschutz-Versicherung AG
Die EU-Kommission liebäugelt mit einem Provisionsverbot. Konkret in die öffentliche Diskussion gebracht wurde das durch Mairead McGuinness, EU-Kommissarin für Finanzdienstleistungen, Finanzstabilität und Kapitalmarktunion. Daraufhin hatte die Fraktion der CDU/CSU mit der Kleinen Anfrage „Drohendes EU-Verbot provisionsbasierter Anlageberatung“ (BT-Drucksache 20/5487) der Bundesregierung 34 Fragen zu deren Einschätzung gestellt. In der Antwort verneint die Bundesregierung für sich und die BaFin eigene Erkenntnisse, dass die Provisionsberatung systematisch zu einer für den Verbraucher unvorteilhaften Beratung führt.
Demnach will die EU-Kommission gesetzliche Regelungen vorschreiben, die mindestens in Deutschland, wahrscheinlich auch in vielen anderen EU-Ländern, am Bedarf nicht nur vorbei gehen, sondern für Wirtschaft und Verbraucher schädlich sind. „Gesetze regeln und ordnen rechtsverbindlich das Zusammenleben einer Gemeinschaft! Sie müssen notwendig sein und der Allgemeinheit dienen. Wenn ich, wie im vorliegenden Fall die Antworten belegen, mir weder über die Notwendigkeit im Klaren bin noch über die daraus resultierenden negativen Folgen für eine breite Allgemeinheit, ist das grundlegende Ziel verfehlt“, kritisiert Frank Kettnaker, Vorstand Vertrieb und Marketing Alte Leipziger Lebensversicherung a.G. und Hallesche Krankenversicherung a.G., die EU-Bestrebungen.
Eine Beratung und Vermittlung auf Provisionsbasis ist nicht nachteilig für den Verbraucher, im Gegenteil, Beratung hat einen Wert, betont Markus Drews, Managing Director Canada Life Europe: „Ein über Jahrzehnte bewährtes System wird bereits seit einigen Jahren von einzelnen Kritikern angegriffen. Leider haben sie sich dabei Teile der Politik zum Instrument ihrer Argumentation machen können. Beim Durchlesen der fundierten Fragen der Kleinen Anfrage der Union und der Antworten der Bundesregierung darauf wird deutlich, wie wenig Substanz eine Generalkritik am Provisionssystem hat. Würde man sich stattdessen darauf konzentrieren, die tatsächlichen – und falls überhaupt vorhandenen – Missstände entschlossen anzugehen, dann wäre allen Beteiligten geholfen. Wir sollten noch viel deutlicher den Wert der Beratung hervorheben, denn der geht deutlich über die Dauer des eigentlichen Abschlusses eines Vertrages hinaus. Dass es in diesem für viele Verbraucher schwierigen finanziellen Umfeld nicht zu einer Kündigungswelle wertvoller Vorsorgeverträge gekommen ist, ist das Ergebnis professioneller Beratung durch die Branche. Und es ist der Verdienst all der Vermittler, die auch dann partnerschaftlich an der Seite ihrer Kunden stehen.“
Dietmar Bläsing, Sprecher der Vorstände der VOLKSWOHL BUND Versicherungen, bricht eine Lanze für Versicherungsmakler und persönliche Beratung: „Bei der Diskussion um die provisionsbasierte Beratung wird die fachliche Leistung der Versicherungsmakler und freien Vermittler leider immer wieder auf einen reinen Produktverkauf reduziert. In Wahrheit geht es aber vielmehr um die Abfrage der echten Bedarfe und der individuellen Priorisierungen bei den Kunden. Wer Menschen bei der Absicherung existenzieller Risiken mit Absicht in eine Do it yourself-Versorgung treibt, begeht meiner Ansicht nach einen schweren Fehler, denn für die Beratungsversäumnisse von heute werden diese Menschen in Zukunft möglicherweise teuer bezahlen. Insofern finde ich gut, dass die Bundesregierung in ihrer Antwort deutlich macht, dass sie ebenfalls Grenzen beim ‚Robo-Advice‘ und anderen Do it yourself-Alternativen sieht.“
Hermann Schrögenauer, Vorstand Vertrieb Lebensversicherung von 1871 a.G. München, betont, dass „eine gute Vorsorge und die Beratung dazu oft jahrzentlang in die Zukunft reichen. Daher ist es wichtig, dass die Beratung möglichst gut ist – und nicht, dass sie möglichst billig ist. Daher setzen wir uns klar für eine adäquate Vergütung für die unabhängigen Versicherungsmakler ein. Denn: sie stehen auch rechtlich auf der Seite des Kunden und können so ein passendes und individuelles Vorsorgekonzept ausarbeiten.“
Für den CDU-Finanzexperten MdB Dr. Carsten Brodesser ist in der Gesamtbetrachtung „die Antwort der Bundesregierung leider nicht zufriedenstellend, da sie, wie so oft, viele Fragen offen lässt. Dennoch gibt es auch manche klaren Aussagen. Sie ist ebenso wie wir der Auffassung, dass grundsätzlich jeder Kleinanleger Zugang zu einer persönlichen Beratung haben sollte. Auch der Bundesregierung liegen keine Kenntnisse vor, dass Provisionen in Deutschland zu einer für Verbraucher systematisch unvorteilhaften Beratung führen. Und sie hält fest, dass sowohl Honorar- als auch Provisionsberatung Vor- und Nachteile bereithalten. Dass sich die Bundesregierung auf Basis dieser Erkenntnisse noch nicht einmal der Forderung nach einem Nebeneinander von Honorar- und Provisionsberatung anschließen kann und ein Provisionsverbot nicht klar ablehnt, zeigt einmal mehr die Zerstrittenheit der Ampel auch in dieser Frage.“
Die Bundesarbeitsgemeinschaft zur Förderung der Versicherungsmakler (BFV) begrüßt, dass „die Bundesregierung Wert darauf legt, dass jeder Kleinanleger Zugang zu einer persönlichen Beratung hat. Das lässt sich mit einem Provisionsverbot nicht vereinbaren. Die Beratung und Vermittlung gegen Provision ist etabliert und funktioniert, wird vom Verbraucher angenommen, eine systematisch damit einhergehende unvorteilhafte Beratung für den Verbraucher ist nicht bekannt, negative Entwicklungen für Kleinanleger in Provisionsverbotsländern dagegen sind belegt. Sachliche Argumente für ein Provisionsverbot liegen nicht vor“, sagt BFV-Koordinator Erwin Hausen. „Wir hoffen, dass die EU-Kommissarin McGuinness diese Haltung der Bundesregierung zu Kenntnis nimmt und die Provisionsverbotsüberlegungen auch auf europäischer Ebene eingestellt werden“, so Hausen.
Erst Corona, jetzt die hohen Energiekosten und Inflation: Wie können sich Vermittler in diesem Marktumfeld behaupten und Kunden binden? Hier sind Tipps für den Vertrieb in Krisenzeiten.
Angesichts der rasant steigenden Lebenshaltungskosten und der beginnenden Rezession üben sich die deutschen Verbraucher in Konsumzurückhaltung. Der Handelsverband Deutschland (HDE) sieht den Einzelhandel quer durch alle Sparten im Krisenmodus. Wegen zweistelliger Inflationsraten stellten Konsumenten größere Anschaffungen tendenziell zurück und griffen bei Lebensmitteln häufiger zu günstiger Discounter-Ware.
Aktuelle Zahlen des Statistischen Bundesamts belegen die zunehmende Vorsicht der Verbraucher. Danach ist der private Konsum in den vergangenen zwölf Monaten inflationsbereinigt um 4,3 Prozent geschrumpft. Für das kommende Jahr rechnet das Kieler Institut für Weltwirtschaft mit einer Teuerungsrate von 8,7 und einem Kaufkraftverlust von 4,1 Prozent in Deutschland.
Verbraucher stehen auf der Ausgabenbremse
In diesem herausfordernden Marktumfeld bewegt sich auch die Versicherungs- und Finanzbranche. Infolge der Inflation stehen bei den privaten Haushalten nicht nur die allgemeinen Konsumausgaben auf dem Prüfstand, sondern auch Versicherungen und Finanzanlagen. Dr. Thomas Url, Ökonom an der Universität Wien, geht davon aus, dass Verbraucher die höheren Preise bei Lebensmitteln, Energie und anderen lebensnotwendigen Gütern auch durch eine geringere Nachfrage bei Vorsorge- und Versicherungsprodukten kompensieren werden. Deshalb werde das Neukundengeschäft kurzfristig leiden.
Dennoch bietet der Markt für Finanzanlage- und Versicherungsprodukte nach wie vor viel Potenzial. Zwar gehen laut einer repräsentativen Online-Umfrage des Markt- und Meinungsforschungsinstituts Forsa 38 Prozent der Deutschen davon aus, dass sich ihre finanzielle Situation in den nächsten sechs Monaten verschlechtern wird. Doch trotz oder gerade wegen dieser Erwartung legen fast drei Viertel (72 Prozent) regelmäßig Geld zur Seite. Jeder Dritte spart monatlich gar zwischen 100 und 250 Euro.
Neue Vertriebschancen für Berater
Doch wohin mit dem Spargroschen in schwierigen Zeiten? Passen die in der Vergangenheit getroffenen Anlage- und Vorsorgeentscheidungen noch zur aktuellen Situation? Oder ist ein Produktwechsel sinnvoll? Hier kommen die Beraterinnen und Berater ins Spiel. Ihre Aufgabe ist es, ihren Kunden neue Orientierung bei der persönlichen Absicherung und Vorsorge zu geben. Denn der Markt hat sich fundamental gedreht. Vor den Vermittlern liegt viel Arbeit. Zugleich bieten sich ihnen interessante neue Vertriebschancen.
Doch wohin mit dem Spargroschen in schwierigen Zeiten? Passen die in der Vergangenheit getroffenen Anlage- und Vorsorgeentscheidungen noch zur aktuellen Situation? Oder ist ein Produktwechsel sinnvoll? Hier kommen die Beraterinnen und Berater ins Spiel. Ihre Aufgabe ist es, ihren Kunden neue Orientierung bei der persönlichen Absicherung und Vorsorge zu geben. Denn der Markt hat sich fundamental gedreht. Vor den Vermittlern liegt viel Arbeit. Zugleich bieten sich ihnen interessante neue Vertriebschancen.
Denn die in Zeiten von Preisstabilität und Niedrigzinsen zusammengestellten Kundenportfolios bedürfen wegen der anhaltend hohen Inflation und steigender Zinsen meist einer Optimierung. Bei der Geldanlage sind neue Lösungen gefragt. So rücken mit der Zinswende Anlageformen zurück in den Fokus, die in der langen Niedrigzinsphase fast in Vergessenheit geraten waren. Dazu zählt beispielsweise das Bausparen, das angesichts steigender Guthabenzinsen für künftige Bauherren und Immobilienbesitzer mit Modernisierungsbedarf wieder zur interessanten Geldanlage wird. Wer früh reagiert, kann sich zudem noch verhältnismäßig niedrige Darlehenszinsen sichern. Dies sollten Vermittler bei der Kundenberatung berücksichtigen.
Langfristige Geldanlagen umbauen
Den größten Anpassungsbedarf gibt es jedoch bei anderen langfristigen Geldanlagen, allen voran bei der privaten Altersvorsorge. 84 Prozent der regelmäßigen Sparer gaben in der Forsa-Umfrage an, Geld zur Absicherung im Alter zurückzulegen. Die private Altersvorsorge ist damit das wichtigste Sparziel der Deutschen. Doch derzeit hinkt die Verzinsung traditioneller Geldanlagen erheblich hinter der Inflationsentwicklung hinterher. Die Folge sind reale Wertverluste und geringere Kaufkraft im Alter.
Hier sind Beraterinnen und Berater gefordert, neue Konzepte für ihre Kunden zu erarbeiten, um die Altersvorsorge möglichst inflationssicher aufzustellen. Bei klassischen Lebens- und Rentenversicherungen mit hohen Garantieversprechen fließen die Beiträge größtenteils in Finanzprodukte mit fester Verzinsung, wie zum Beispiel Bundesanleihen. Doch mit der Zinswende hat sich die Situation am Kapitalmarkt grundlegend verändert. Die Renditen für Bundesanleihen sind seit Anfang 2022 massiv auf 1,4 Prozent gestiegen. Was sich nach einer guten Nachricht anhört, wird für alte Anleihebestände zum Problem. Sie verlieren an Wert, weil neue Anleihen mit wesentlich höheren Zinsen auf den Markt kommen.
So geht inflationssichere Altersvorsorge
Bis die Zinswende auch bei alten klassischen Lebens- und Rentenversicherungsverträgen ankommt und sich die Renditen verbessern, werden nach Schätzungen von Experten noch einige Zeit vergehen.
Dagegen bieten vor allem langfristig angelegte kapitalmarktbasierte Versicherungslösungen Schutz vor Kaufkraftverlusten im Alter. Dazu zählt das Fondssparen mit Aktien, Indexfonds oder ETFs. Über die Jahre bringt es in der Regel deutlich höhere Renditen als klassisch zinsbasierte Produkte und gilt als flexibel und inflationssicher. Denn der Umsatz und damit auch der Wert von Unternehmen steigt in der Regel in ähnlichem Tempo wie die Preise oder entwickelt sich gar besser. Investoren müssen daher keinen Kaufkraftverlust fürchten.
Im Mantel einer Rentenversicherung stellen Kunden darüber hinaus sicher, dass ihr Einkommen im Alter bis zum Lebensende gesichert ist. Mit Hilfe moderner Hybridprodukte können Kunden selbst entscheiden, wie hoch der Anteil der sicheren bzw. der renditeorientierten Anlagen in ihrer Altersvorsorge sein soll.
Dieses Verhältnis können sie im Laufe der Versicherungsdauer flexibel anpassen. Mit dem Umschichten in risikoärmere Anlageformen können sich Kunden vor Kursverlusten kurz vor der Rente schützen. Die Produkte liefern Beraterinnen und Beratern eine Vielzahl von Argumenten, warum Kunden ihre Altersvorsorge jetzt umstellen oder um einen kapitalmarktbasierten Baustein ergänzen sollten.
Argumente gegen Kündigungen
Doch wie gehen Beraterinnen und Berater mit preissensiblen Bestandskunden um, die sich mit dem Gedanken tragen, Versicherungen zu kündigen? Auch hier zählen Argumente. Bei der Rentenversicherung gilt es zu Bedenken, dass Steuervorteile oder hohe Garantiezinsen verloren gehen. Und sind langfristig ausgelegte Verträge wie Berufsunfähigkeits- und Pflegezusatzversicherung einmal gekündigt, lassen sie sich später in der Regel allenfalls zu schlechteren Konditionen wieder abschließen.
Zudem macht die anhaltend hohe Inflation den Versicherungsschutz häufig noch wertvoller. Ein Beispiel dafür ist die Gebäudeversicherung. Wer auf die Absicherung für die Immobilie verzichtet, muss wegen steigender Kosten für Handwerker und Material im Schadenfall noch mehr aus eigener Tasche bezahlen. Die Inflation macht einen nicht versicherten Schaden für den Geschädigten finanziell noch schmerzhafter und gefährdet im schlimmsten Fall gar die wirtschaftliche Existenz. Darum ist die passende Absicherung gerade in Zeiten stark steigender Preise unverzichtbar.
Frank Kettnaker
Vorstand Vertrieb und Marketing, Alte Leipziger Lebensversicherung a.G. und Hallesche Krankenversicherung a.G.
Der Werdegang von Frank Kettnaker zeigt, was man im Versicherungsvertrieb mit Engagement, Wissen und Leidenschaft für Menschen erreichen kann. Mitte der 80er Jahre begann Frank Kettnaker seine Ausbildung zum Versicherungskaufmann und gelangte von dort aus sehr schnell in den Vertrieb mit beruflichen Stationen bei Axa-Colonia und DBV-Winterthur. Seit 2007 ist er Vorstand für Vertrieb und Marketing von Alte Leipziger und Hallesche, kurz ALH Gruppe. Dort verantwortet er wachstumsreiche Jahre in Leben, Kranken, Sach, Bauspar und Trust.
Die Bundesarbeitsgemeinschaft zur Förderung der Versicherungsmakler (BFV) kritisiert zahlreiche von der BaFin geplante Maßnahmen, die diese mit dem „Merkblatt zu wohlverhaltensaufsichtlichen Aspekten bei kapitalbildenden Lebensversicherungsprodukten“ einführen will. In ihrer Stellungnahme (https://www.bfv-versicherungsmakler.de/wp-content/uploads/2023/01/2023_01_13_Stellungnahme-BFV-zum-BaFin-Merkblatt-LV-Wohlverhalten.pdf) im Rahmen der BaFin-Konsultation moniert die BFV den offenbar geringen Stellenwert einer qualifizierten Beratung und Vermittlung, erkennt in den zahlreichen Regelungen mit Druck auf die Vergütungen einen schwerwiegenden Markteingriff, kritisiert die Bevorzugung von ‚Stornierern‘ und weist auf geplante Regelungen hin, die im Widerspruch zu gesetzlichen Regelungen stehen. Zudem werden kostensteigernde Auflagen benannt, die dem Ziel einer höheren Rendite entgegenstehen. Einige der BFV-Kritikpunkte im Detail:
„Den Kundennutzen auf den Renditeaspekt zu beschränken, greift zu kurz. Auch laut IDD gibt es weitere Aspekte, die den Kundennutzen ausmachen. Insbesondere hat die Beratung, Vermittlung und Betreuung einen Wert und stellt einen Kundennutzen dar. Der Kundennutzen sollte daher umfassender definiert werden als im BaFin-Merkblatt vorgesehen“, fordert die BFV in ihrer Stellungnahme. Durch die auf Rendite beschränkte Definition des Kundennutzen mit entsprechenden Auflagen greift die Aufsicht in die Vergütung der Vermittler ein. Die sehr umfangreichen Ausführungen zu Aufwendungen an Versicherungsvermittler lassen den Schluss zu, dass es der BaFin vorrangig um die Provisionshöhe geht. Doch die europäische Versichereraufsicht EIOPA bezeichnet in ihrem aktuellen Papier „Methodology to assess value for money in the unit-linked market“ Beratung und Betreuung vor Ort und über die Laufzeit als einen besonderen, nicht monetären Wert für Kunden, der auch höhere Kosten verursachen kann.
Der vielfältige Druck auf die Vergütungen ist ein schwerwiegender Markteingriff
Nachdem der Gesetzgeber in der letzten Legislaturperiode mit der GroKo keinen Provisionsdeckel einführte und die Ampel-Koalition im Koalitionsvertrag weder die Einführung eines Provisionsdeckels noch einen Provisionsrichtwert anstrebt, ist es irritierend, dass die BaFin Forderungen erhebt und Auflagen machen will, die letztlich zu einem maßgeblichen Eingriff in die Vergütung der Vermittler führt. Das ist nach Einschätzung der BFV hinsichtlich der Auswirkungen vergleichbar mit dem von der BaFin zuvor angestrebten Provisionsrichtwert. „Dieser stellt einen schwerwiegenden Markteingriff dar, der wie ein Provisionsdeckel dem Parlamentsvorbehalt unterliegen sollte“, fordert die BFV und betont zugleich, dass es dazu keine Notwendigkeit, wie in der Branche weit verbreitete Missstände, gibt. „Die geringen Verbraucher-Beschwerdezahlen über Versicherungsvermittler bei der BaFin und beim Versicherungsombudsmann zeigen, dass es keine weit verbreiteten Missstände bei Versicherungsvermittlern oder im Zusammenhang mit dem Provisionssystem gibt“, so BFV-Koordinator Erwin Hausen. Obendrein will die BaFin vorschreiben: „Eine hohe Abschlussprovision ist daher an angemessene qualitative Kriterien zu knüpfen.“ Eine vergleichbare Formulierung ist bereits im seinerzeitigen Entwurf zum ‚LV-Provisionsdeckelgesetz‘ zu finden. Doch das wurde aus wichtigen Gründen, u. a. erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken (Rechtsgutachten zur Verfassungsmäßigkeit eines gesetzlichen Provisionsdeckels für die Vermittlung von Lebensversicherungen, von Prof. Dr. Hans-Jürgen Papier, Januar 2019, https://www.bfv-versicherungsmakler.de/Rechtsgutachten Papier gesetzlicher LV-Provisionsdeckel.pdf) vom Gesetzgeber nicht beschlossen.
Zielmarkt sind vertragstreue Kunden und nicht Stornierer
Zu Gunsten von Kündigern regelt der Gesetzgeber mit § 169 Abs. 3 Satz 1 VVG bereits den Rückkaufswert und mit § 49 Abs. 1 VAG die Provisionshaftungszeit von 5 Jahren. Die BFV hält es nicht für richtig, dass die BaFin über ihre Auslegungen zum POG-Verfahren, der Forderung nach einer Rendite nach Kosten und Inflation zum Stornozeitpunkt und der Empfehlung, Abschluss- und Vertriebskosten über die gesamte Laufzeit zu verteilen, Vorgaben über diese Gesetze hinaus macht. Die private Altersvorsorge vertragstreuer Kunden ist das Ziel des Ansparvorgangs. „Das sollte auch so bleiben, wir sprechen uns dagegen aus, dass die Rendite von Kündigern zu Lasten der Rendite von vertragstreuen Kunden verbessert werden soll“, so die BFV. Dem steht auch ein fragwürdiges Beispiel im Fachartikel der BaFin vom 05.01.2023 („Vertriebsvergütung im Spannungsfeld von Beratungsaufwand und Verbraucherschutz“) nicht entgegen. Dort führt die BaFin nach eigenen Angaben ein „Extrembeispiel“ auf: „Ein Lebensversicherungsunternehmen erwartet für ein Produkt, das auf eine langjährige Ansparphase ausgelegt ist, dass die Angehörigen des Zielmarkts ihre Vertragsverhältnisse innerhalb der ersten fünf Jahre zu 100 Prozent vorzeitig beenden.“ Das wertet die BFV nicht als Extrembeispiel, sondern als Missstand: „Wenn ein Lebensversicherer ein Produkt konzipiert, dass aus Sicht des Versicherers dann erfolgreich ist, wenn binnen fünf Jahren alle Kunden kündigen, dann ist das ein Beispiel für ein unseriöses Geschäftsmodell, das die BaFin als Einzelfall im Rahmen ihrer Missstandsaufsicht unterbinden sollte.“
§ 6 Abs. 6 VVG muss beachtet werden
Versicherern hinsichtlich der Anlagestrategie des Produktes eine Beratungspflicht während der Vertragslaufzeit aufzugeben, steht nach Auffassung der BFV im Widerspruch zur Versicherungsmakler-Ausnahme nach § 6 Abs. 6 VVG. Diese Vorgabe des Gesetzgebers sollte berücksichtigt werden.
Zu Bedenken gibt die Bundesarbeitsgemeinschaft zudem, dass jede weitere Regulierung, Auflage und Forderung zu weiterem Personalbedarf und somit zu höheren Kosten führt, die sich negativ auf die Rendite der betreffenden Produkte auswirken. „Verpflichtungen, die über die Forderungen der IDD hinausgehen, dienen nicht der Auslegung der IDD und sollten gestrichen werden. Die IDD und weitere europäische und nationale Vorgaben stellen bereits mit zahlreichen Anforderungen und Vorgaben an Versicherer und Vermittler ein hohes Verbraucherschutzniveau sicher. Daher ist für viele der im Merkblatt benannten Anforderungen keine Notwendigkeit zu erkennen“, so das Fazit der BFV.
„So herausfordernd das erste Jahr der Ampelkoalition in vielerlei Hinsicht war, so zuversichtlich blicke ich auf die Herausforderungen in 2023. Denn in den vergangenen Wochen konnten wir wichtige politische Weichen für die kommenden Monate stellen.
Wir haben die Aktienrücklage im Bundeshaushalt verankert und mit den ersten 10 Mrd. € die Grundbefüllung vorbereitet. Mit dem entsprechenden Gesetzgebungsverfahren im anstehenden Halbjahr wollen wir nun die institutionellen Voraussetzungen schaffen.
Mit der Einsetzung der ‚Fokusgruppe private Altersvorsorge‘ leiten wir den notwendigen und im Koalitionsvertrag angekündigten Reformprozess in der privaten Altersvorsorge ein. Die Fokusgruppe soll dabei helfen, Reformoptionen zu untersuchen und zu evaluieren. Vom Abschlussbericht im Sommer 2023 erhoffe ich mir daher einen wichtigen Impuls für die gemeinsame politische Abstimmung mit unseren Koalitionspartnern. In der Zwischenzeit sollten wir auf eine Flexibilisierung der Beitragsgarantie bei Riester hinwirken – dafür werde ich weiterhin werben.
Ein weiteres Vorhaben, das die Versicherungs- und Finanzwirtschaft betrifft, und das zum neuen Jahr angegangen wird, ist das Zukunftsfinanzierungsgesetz. Mit diesem wollen wir einen wichtigen Impuls zur Stärkung des deutschen Finanzstandorts setzen – sowohl mit Blick auf potenzielle Investoren als auch auf Kleinanleger. Denn letztlich bietetnur die langfristige Anlage in Wertpapiere Aussicht auf eine dauerhafte Stärkung des Vermögensaufbaus und entsprechenden Inflationsschutz. Zudem könnte der breite Einstieg der Bevölkerung am Kapitalmarkt Unternehmen neue Finanzierungsquellen eröffnen.
Die politische Debatte rund um das Thema Provisionen wird uns auch im nächsten Jahr begleiten. Hier freut es mich zu sehen, dass die BaFin mittlerweile von ihrer Idee eines Provisionsrichtwertes für Lebensversicherungsprodukte abgerückt ist. Das angekündigte Merkblatt ist der richtige Schritt. Es sorgt für Rechtsklarheit und Transparenz. Hohe Provisionen sind rechtfertigungsbedürftig, doch wichtig bleibt nach wie vor der ganzheitliche Blick auf das Produkt – kein starres Festhalten an den Kosten.
In dieser Hinsicht müssen wir den Blick auch nach Brüssel richten, auf die sog. Kleinanlegerstrategie. Hier wird nach wie vor die Möglichkeit eines EU-weiten Provisionsverbotes in der Finanzberatung diskutiert. Entsprechend werde ich, gemeinsam mit meiner Fraktion, konsequent auf die Bedeutung des provisionsbasierten Modells für die flächendeckende Anlageberatung in Deutschland hinweisen, auch auf EU-Ebene.
Flächendeckende Beratung braucht es aber auch bei der Elementarschadenversicherung. Der aktuelle Bericht der Bundesregierung über die mögliche Ausgestaltung einer Pflichtversicherung liefert die entsprechende Grundlage für den fachlichen Austausch und die politische Konsensfindung im kommenden Jahr. Klar ist: Vom Klimawandel und dessen Folgen sind Eigentümer, Staat und Versicherer gleichermaßen betroffen. Entsprechend müssen wir gemeinsam auf eine konsequentere Klimafolgenanpassung und eine höhere Versicherungsdichte hinwirken.
Diese hier aufgezählten Themen stellen letztlich nur einen Teil der politischen Agenda für das Jahr 2023 dar, die wir nun Stück für Stück abarbeiten werden. Wie eingangs erwähnt, blicke ich dabei überaus zuversichtlich auf die anstehenden Monate und freue mich auf die nächsten Herausforderungen.“
„Es ist nun ein Jahr her, dass wir Grüne uns zusammen mit SPD und FDP zu einer Fortschrittskoalition zusammengefunden haben. Coronakrise, Krieg in der Ukraine, Inflation, Energiesicherheit – eine Vielzahl an Herausforderungen mussten und müssen wir ad hoc managen, gleichzeitig dürfen wir auch langfristige Vorhaben nicht aus dem Blick verlieren.
Dazu gehört für mich unter anderem die längst überfällige Reform der privaten Altersvorsorge. Hier geht es voran: eine Fokusgruppe wird die Möglichkeit eines öffentlich verantworteten Fonds prüfen, der ein effektives und kostengünstiges Angebot mit Abwahlmöglichkeit bietet. Wichtig ist für uns Grüne hierbei unter anderem, dass geprüft wird, wie die Vorsorge auch für untere Einkommensgruppen attraktiv wird. Schon im Sommer soll ein Abschlussbericht vorliegen, auf dem wir aufbauen können.
Auch im Bereich der Restschuldversicherung muss und wird es im kommenden Jahr vorangehen. Seit letztem Juli greift ja bereits der Provisionsdeckel, der noch in der vergangenen Legislaturperiode verankert wurde. Im Ampel-Koalitionsvertrag haben wir zusätzlich vereinbart, dass der Abschluss des Kredit- und des Versicherungsvertrags zeitlich entkoppelt werden muss. Es muss den Kreditnehmenden klar sein: der Versicherungsvertrag ist freiwillig und wird unabhängig vom Kreditvertrag abgeschlossen.
Nicht zuletzt begrüßen wir, dass die BaFin aktuell bei einigen Lebensversicherern genauer hinschaut und zu hohe Kostenbelastungen sowie die Rückvergütungspraxis bei kapitalbildenden Lebensversicherungsprodukten zum Gegenstand einer Konsultation macht. Zu hohe Kosten führen zu einer unangemessen niedrigen Rendite und im Endeffekt zu Versorgungslücken für die Versicherten. Das steht dem Ziel der kapitalbildenden Lebensversicherung, der Absicherung fürs Alter, entgegen. Sowohl unverhältnismäßig hohen Effektivkosten und Abschlussprovisionen, als auch Fehlanreizen im Vertrieb muss unbedingt entgegengewirkt werden – nicht zuletzt um das Vertrauen in die Branche zu stärken und zu erhalten.
Viele spannende Vorhaben und Debatten stehen für 2023 an, ich denke da z. B. an das Themenfeld ESG und Sustainable Finance oder die Debatte um die Pflichtversicherung gegen Elementarschäden. Wir werden auch im nächsten Jahr wachsam bleiben und Handlungsbedarfe identifizieren – gemeinsam mit der Branche und den Versicherten.“