Inflation: Eine Chance für Berater

Mann hält Würfel mit lachenden Gesicht auf Tisch.

Erst Corona, jetzt die hohen Energiekosten und Inflation: Wie können sich Vermittler in diesem Marktumfeld behaupten und Kunden binden? Hier sind Tipps für den Vertrieb in Krisenzeiten.

Angesichts der rasant steigenden Lebenshaltungskosten und der beginnenden Rezession üben sich die deutschen Verbraucher in Konsumzurückhaltung. Der Handelsverband Deutschland (HDE) sieht den Einzelhandel quer durch alle Sparten im Krisenmodus. Wegen zweistelliger Inflationsraten stellten Konsumenten größere Anschaffungen tendenziell zurück und griffen bei Lebensmitteln häufiger zu günstiger Discounter-Ware.

Aktuelle Zahlen des Statistischen Bundesamts belegen die zunehmende Vorsicht der Verbraucher. Danach ist der private Konsum in den vergangenen zwölf Monaten inflationsbereinigt um 4,3 Prozent geschrumpft. Für das kommende Jahr rechnet das Kieler Institut für Weltwirtschaft mit einer Teuerungsrate von 8,7 und einem Kaufkraftverlust von 4,1 Prozent in Deutschland.

Verbraucher stehen auf der Ausgabenbremse

In diesem herausfordernden Marktumfeld bewegt sich auch die Versicherungs- und Finanzbranche. Infolge der Inflation stehen bei den privaten Haushalten nicht nur die allgemeinen Konsumausgaben auf dem Prüfstand, sondern auch Versicherungen und Finanzanlagen. Dr. Thomas Url, Ökonom an der Universität Wien, geht davon aus, dass Verbraucher die höheren Preise bei Lebensmitteln, Energie und anderen lebensnotwendigen Gütern auch durch eine geringere Nachfrage bei Vorsorge- und Versicherungsprodukten kompensieren werden. Deshalb werde das Neukundengeschäft kurzfristig leiden.

Dennoch bietet der Markt für Finanzanlage- und Versicherungsprodukte nach wie vor viel Potenzial. Zwar gehen laut einer repräsentativen Online-Umfrage des Markt- und Meinungsforschungsinstituts Forsa 38 Prozent der Deutschen davon aus, dass sich ihre finanzielle Situation in den nächsten sechs Monaten verschlechtern wird. Doch trotz oder gerade wegen dieser Erwartung legen fast drei Viertel (72 Prozent) regelmäßig Geld zur Seite. Jeder Dritte spart monatlich gar zwischen 100 und 250 Euro.

Neue Vertriebschancen für Berater

Doch wohin mit dem Spargroschen in schwierigen Zeiten? Passen die in der Vergangenheit getroffenen Anlage- und Vorsorgeentscheidungen noch zur aktuellen Situation? Oder ist ein Produktwechsel sinnvoll? Hier kommen die Beraterinnen und Berater ins Spiel. Ihre Aufgabe ist es, ihren Kunden neue Orientierung bei der persönlichen Absicherung und Vorsorge zu geben. Denn der Markt hat sich fundamental gedreht. Vor den Vermittlern liegt viel Arbeit. Zugleich bieten sich ihnen interessante neue Vertriebschancen.

Doch wohin mit dem Spargroschen in schwierigen Zeiten? Passen die in der Vergangenheit getroffenen Anlage- und Vorsorgeentscheidungen noch zur aktuellen Situation? Oder ist ein Produktwechsel sinnvoll? Hier kommen die Beraterinnen und Berater ins Spiel. Ihre Aufgabe ist es, ihren Kunden neue Orientierung bei der persönlichen Absicherung und Vorsorge zu geben. Denn der Markt hat sich fundamental gedreht. Vor den Vermittlern liegt viel Arbeit. Zugleich bieten sich ihnen interessante neue Vertriebschancen. 

Denn die in Zeiten von Preisstabilität und Niedrigzinsen zusammengestellten Kundenportfolios bedürfen wegen der anhaltend hohen Inflation und steigender Zinsen meist einer Optimierung. Bei der Geldanlage sind neue Lösungen gefragt. So rücken mit der Zinswende Anlageformen zurück in den Fokus, die in der langen Niedrigzinsphase fast in Vergessenheit geraten waren. Dazu zählt beispielsweise das Bausparen, das angesichts steigender Guthabenzinsen für künftige Bauherren und Immobilienbesitzer mit Modernisierungsbedarf wieder zur interessanten Geldanlage wird. Wer früh reagiert, kann sich zudem noch verhältnismäßig niedrige Darlehenszinsen sichern. Dies sollten Vermittler bei der Kundenberatung berücksichtigen.

Langfristige Geldanlagen umbauen

Den größten Anpassungsbedarf gibt es jedoch bei anderen langfristigen Geldanlagen, allen voran bei der privaten Altersvorsorge. 84 Prozent der regelmäßigen Sparer gaben in der Forsa-Umfrage an, Geld zur Absicherung im Alter zurückzulegen. Die private Altersvorsorge ist damit das wichtigste Sparziel der Deutschen. Doch derzeit hinkt die Verzinsung traditioneller Geldanlagen erheblich hinter der Inflationsentwicklung hinterher. Die Folge sind reale Wertverluste und geringere Kaufkraft im Alter.

Hier sind Beraterinnen und Berater gefordert, neue Konzepte für ihre Kunden zu erarbeiten, um die Altersvorsorge möglichst inflationssicher aufzustellen. Bei klassischen Lebens- und Rentenversicherungen mit hohen Garantieversprechen fließen die Beiträge größtenteils in Finanzprodukte mit fester Verzinsung, wie zum Beispiel Bundesanleihen. Doch mit der Zinswende hat sich die Situation am Kapitalmarkt grundlegend verändert. Die Renditen für Bundesanleihen sind seit Anfang 2022 massiv auf 1,4 Prozent gestiegen. Was sich nach einer guten Nachricht anhört, wird für alte Anleihebestände zum Problem. Sie verlieren an Wert, weil neue Anleihen mit wesentlich höheren Zinsen auf den Markt kommen.

So geht inflationssichere Altersvorsorge

Bis die Zinswende auch bei alten klassischen Lebens- und Rentenversicherungsverträgen ankommt und sich die Renditen verbessern, werden nach Schätzungen von Experten noch einige Zeit vergehen.

Dagegen bieten vor allem langfristig angelegte kapitalmarktbasierte Versicherungslösungen Schutz vor Kaufkraftverlusten im Alter. Dazu zählt das Fondssparen mit Aktien, Indexfonds oder ETFs. Über die Jahre bringt es in der Regel deutlich höhere Renditen als klassisch zinsbasierte Produkte und gilt als flexibel und inflationssicher. Denn der Umsatz und damit auch der Wert von Unternehmen steigt in der Regel in ähnlichem Tempo wie die Preise oder entwickelt sich gar besser. Investoren müssen daher keinen Kaufkraftverlust fürchten.

Im Mantel einer Rentenversicherung stellen Kunden darüber hinaus sicher, dass ihr Einkommen im Alter bis zum Lebensende gesichert ist. Mit Hilfe moderner Hybridprodukte können Kunden selbst entscheiden, wie hoch der Anteil der sicheren bzw. der renditeorientierten Anlagen in ihrer Altersvorsorge sein soll.

Dieses Verhältnis können sie im Laufe der Versicherungsdauer flexibel anpassen. Mit dem Umschichten in risikoärmere Anlageformen können sich Kunden vor Kursverlusten kurz vor der Rente schützen. Die Produkte liefern Beraterinnen und Beratern eine Vielzahl von Argumenten, warum Kunden ihre Altersvorsorge jetzt umstellen oder um einen kapitalmarktbasierten Baustein ergänzen sollten. 

Argumente gegen Kündigungen

Doch wie gehen Beraterinnen und Berater mit preissensiblen Bestandskunden um, die sich mit dem Gedanken tragen, Versicherungen zu kündigen? Auch hier zählen Argumente. Bei der Rentenversicherung gilt es zu Bedenken, dass Steuervorteile oder hohe Garantiezinsen verloren gehen. Und sind langfristig ausgelegte Verträge wie Berufsunfähigkeits- und Pflegezusatzversicherung einmal gekündigt, lassen sie sich später in der Regel allenfalls zu schlechteren Konditionen wieder abschließen.

Zudem macht die anhaltend hohe Inflation den Versicherungsschutz häufig noch wertvoller. Ein Beispiel dafür ist die Gebäudeversicherung. Wer auf die Absicherung für die Immobilie verzichtet, muss wegen steigender Kosten für Handwerker und Material im Schadenfall noch mehr aus eigener Tasche bezahlen. Die Inflation macht einen nicht versicherten Schaden für den Geschädigten finanziell noch schmerzhafter und gefährdet im schlimmsten Fall gar die wirtschaftliche Existenz. Darum ist die passende Absicherung gerade in Zeiten stark steigender Preise unverzichtbar.

Frank Kettnaker - Vorstand Vertrieb und Marketing, Alte Leipziger Lebensversicherung a.G. und Hallesche Krankenversicherung a.G.

Frank Kettnaker

Vorstand Vertrieb und Marketing, Alte Leipziger Lebensversicherung a.G. und Hallesche Krankenversicherung a.G.

Der Werdegang von Frank Kettnaker zeigt, was man im Versicherungsvertrieb mit Engagement, Wissen und Leidenschaft für Menschen erreichen kann. Mitte der 80er Jahre begann Frank Kettnaker seine Ausbildung zum Versicherungskaufmann und gelangte von dort aus sehr schnell in den Vertrieb mit beruflichen Stationen bei Axa-Colonia und DBV-Winterthur. Seit 2007 ist er Vorstand für Vertrieb und Marketing von Alte Leipziger und Hallesche, kurz ALH Gruppe. Dort verantwortet er wachstumsreiche Jahre in Leben, Kranken, Sach, Bauspar und Trust.

5 Minuten mit:
Frederik Wulff, Vorstandsvorsitzender der Markel Insurance SE

BFV: Herr Wulff, der Begriff Inflation wird aktuell – verzeihen Sie mir das Wortspiel – inflationär gebraucht und durchzieht die komplette Medienlandschaft von der Tagespresse bis zu den Special-Interest-Magazinen. Inflation wird von Verbrauchern unweigerlich mit Preissteigerungen assoziiert. Stehen wir vor einer rasanten Welle an Prämienerhöhungen?

Ja und Nein, wir müssen das Ganze differenziert betrachten. Zum einen hat der Gesetzgeber gewisse Hürden aufgebaut. Prämien dürfen grundsätzlich nicht erhöht werden, ohne das gleichzeitig die Leistungen angehoben werden. Es sei denn, die Schadensaufwendungen weichen in gewissem Grade von den Vorjahres-aufwendungen ab. Das wiederum ist aber von Versicherung zu Versicherung unterschiedlich. Auch technisch gesprochen hat es einen Einfluss, wie weit Schadenseintritt und eine eventuelle Auszahlung auseinander liegen.

BFV: Also steigen die Beiträge unvermeidlich?

Unvermeidlich wohl ja – aber die Geschwindigkeit hängt auch stark davon ab, über welche Versicherungsarten wir sprechen und wie die jeweilige Versicherung wirtschaftet. Nehmen wir an, Sie haben einen großen Bestand an Immobilienversicherungen.

Hier hätten Sie in den letzten 24 Monaten einen teils 30%igen Anstieg der Materialkosten insbesondere der Baumaterialien zu verkraften gehabt. Dazu kommt, dass aufgrund der Personalknappheit Betriebe leichter höhere Stundensätze beim Auftraggeber durchbekommen. Das hat unmittelbare Auswirkungen.

BFV: Gilt das auch für Markel?

Wir stehen sehr gesund da. Uns hilft, dass wir ein Gewerbeversicherer sind. Nehmen wir zum Vergleich die Betriebshaftpflicht, dort sind in der Regel Schäden abgedeckt, welche durch den Betrieb eines Geschäftes, einer Betriebsstätte oder Büro entstehen.

Das bedeutet, dass Elementarschäden durch Sturm, Wasser, Feuer und so weiter, die allesamt in Zeiten des Klimawandels zunehmen und zum Prämienpreistreiber avancieren, für uns nicht dieselbe Bedeutung und Auswirkung haben. Hinzu kommt, dass unser Underwriting einen guten Job macht und flexibel auf Erfordernisse von Betrieben reagiert.

BFV: Herr Wulff, Kunden werden natürlich auf Prämienerhöhungen mit Wechselabsichten reagieren. Wie sollte Ihrer Meinung nach ein Makler darauf reagieren?

Grundsätzlich besitzen Kunden ein Sonderkündigungsrecht, wenn ein Versicherer die Prämien erhöht, die Versicherungsnehmer informiert und die Erhöhung begründet. Kein Sonderkündigungsrecht besteht, wenn der Versicherer gleichzeitig die Leistung erhöht. Dann greift die vertraglich vereinbarte Kündigungsfrist.

Aber jetzt wird es meiner Meinung nach spannend und zeigt, warum Nachwuchsarbeit wichtig und IDD-Bildungszeiten richtig sind. Ein guter Makler findet und erklärt dem Kunden die Unterschiede im Bedingungswerk. Unterschiedlichen Prämien liegen unterschiedliche Kalkulationsansätze zugrunde.

Es kommt auf die Details an, Details welche von den Algorithmen der Online-Versicherer nicht zwingend immer ausreichend berücksichtigt werden. Deshalb glaube ich auch fest daran, dass der Maklerstand weiterhin Zukunft hat; über die Inflationsgefahr hinaus. Denn unser Wirtschaftssystem hat sich bislang immer wieder ausbalanciert. Es mag nicht das Beste sein, aber es ist das Beste, das wir haben. Und wir bei Markel setzen auf die Maklerschaft.

BFV: Wir danken für das Gespräch.