Beratung und Vermittlung auf Provisionsbasis hat einen Wert für den Verbraucher

Die EU-Kommission liebäugelt mit einem Provisionsverbot. Konkret in die öffentliche Diskussion gebracht wurde das durch Mairead McGuinness, EU-Kommissarin für Finanzdienstleistungen, Finanzstabilität und Kapitalmarktunion. Daraufhin hatte die Fraktion der CDU/CSU mit der Kleinen Anfrage „Drohendes EU-Verbot provisionsbasierter Anlageberatung“ (BT-Drucksache 20/5487) der Bundesregierung 34 Fragen zu deren Einschätzung gestellt. In der Antwort verneint die Bundesregierung für sich und die BaFin eigene Erkenntnisse, dass die Provisionsberatung systematisch zu einer für den Verbraucher unvorteilhaften Beratung führt.

Demnach will die EU-Kommission gesetzliche Regelungen vorschreiben, die mindestens in Deutschland, wahrscheinlich auch in vielen anderen EU-Ländern, am Bedarf nicht nur vorbei gehen, sondern für Wirtschaft und Verbraucher schädlich sind. „Gesetze regeln und ordnen rechtsverbindlich das Zusammenleben einer Gemeinschaft! Sie müssen notwendig sein und der Allgemeinheit dienen. Wenn ich, wie im vorliegenden Fall die Antworten belegen, mir weder über die Notwendigkeit im Klaren bin noch über die daraus resultierenden negativen Folgen für eine breite Allgemeinheit, ist das grundlegende Ziel verfehlt“, kritisiert Frank Kettnaker, Vorstand Vertrieb und Marketing Alte Leipziger Lebensversicherung a.G. und Hallesche Krankenversicherung a.G., die EU-Bestrebungen.

Eine Beratung und Vermittlung auf Provisionsbasis ist nicht nachteilig für den Verbraucher, im Gegenteil, Beratung hat einen Wert, betont Markus Drews, Managing Director Canada Life Europe: „Ein über Jahrzehnte bewährtes System wird bereits seit einigen Jahren von einzelnen Kritikern angegriffen. Leider haben sie sich dabei Teile der Politik zum Instrument ihrer Argumentation machen können. Beim Durchlesen der fundierten Fragen der Kleinen Anfrage der Union und der Antworten der Bundesregierung darauf wird deutlich, wie wenig Substanz eine Generalkritik am Provisionssystem hat. Würde man sich stattdessen darauf konzentrieren, die tatsächlichen – und falls überhaupt vorhandenen – Missstände entschlossen anzugehen, dann wäre allen Beteiligten geholfen. Wir sollten noch viel deutlicher den Wert der Beratung hervorheben, denn der geht deutlich über die Dauer des eigentlichen Abschlusses eines Vertrages hinaus. Dass es in diesem für viele Verbraucher schwierigen finanziellen Umfeld nicht zu einer Kündigungswelle wertvoller Vorsorgeverträge gekommen ist, ist das Ergebnis professioneller Beratung durch die Branche. Und es ist der Verdienst all der Vermittler, die auch dann partnerschaftlich an der Seite ihrer Kunden stehen.“

Dietmar Bläsing, Sprecher der Vorstände der VOLKSWOHL BUND Versicherungen, bricht eine Lanze für Versicherungsmakler und persönliche Beratung: „Bei der Diskussion um die provisionsbasierte Beratung wird die fachliche Leistung der Versicherungsmakler und freien Vermittler leider immer wieder auf einen reinen Produktverkauf reduziert. In Wahrheit geht es aber vielmehr um die Abfrage der echten Bedarfe und der individuellen Priorisierungen bei den Kunden. Wer Menschen bei der Absicherung existenzieller Risiken mit Absicht in eine Do it yourself-Versorgung treibt, begeht meiner Ansicht nach einen schweren Fehler, denn für die Beratungsversäumnisse von heute werden diese Menschen in Zukunft möglicherweise teuer bezahlen. Insofern finde ich gut, dass die Bundesregierung in ihrer Antwort deutlich macht, dass sie ebenfalls Grenzen beim ‚Robo-Advice‘ und anderen Do it yourself-Alternativen sieht.“

Hermann Schrögenauer, Vorstand Vertrieb Lebensversicherung von 1871 a.G. München, betont, dass „eine gute Vorsorge und die Beratung dazu oft jahrzentlang in die Zukunft reichen. Daher ist es wichtig, dass die Beratung möglichst gut ist – und nicht, dass sie möglichst billig ist. Daher setzen wir uns klar für eine adäquate Vergütung für die unabhängigen Versicherungsmakler ein. Denn: sie stehen auch rechtlich auf der Seite des Kunden und können so ein passendes und individuelles Vorsorgekonzept ausarbeiten.“

Für den CDU-Finanzexperten MdB Dr. Carsten Brodesser ist in der Gesamtbetrachtung „die Antwort der Bundesregierung leider nicht zufriedenstellend, da sie, wie so oft, viele Fragen offen lässt. Dennoch gibt es auch manche klaren Aussagen. Sie ist ebenso wie wir der Auffassung, dass grundsätzlich jeder Kleinanleger Zugang zu einer persönlichen Beratung haben sollte. Auch der Bundesregierung liegen keine Kenntnisse vor, dass Provisionen in Deutschland zu einer für Verbraucher systematisch unvorteilhaften Beratung führen. Und sie hält fest, dass sowohl Honorar- als auch Provisionsberatung Vor- und Nachteile bereithalten. Dass sich die Bundesregierung auf Basis dieser Erkenntnisse noch nicht einmal der Forderung nach einem Nebeneinander von Honorar- und Provisionsberatung anschließen kann und ein Provisionsverbot nicht klar ablehnt, zeigt einmal mehr die Zerstrittenheit der Ampel auch in dieser Frage.“

Die Bundesarbeitsgemeinschaft zur Förderung der Versicherungsmakler (BFV) begrüßt, dass „die Bundesregierung Wert darauf legt, dass jeder Kleinanleger Zugang zu einer persönlichen Beratung hat. Das lässt sich mit einem Provisionsverbot nicht vereinbaren. Die Beratung und Vermittlung gegen Provision ist etabliert und funktioniert, wird vom Verbraucher angenommen, eine systematisch damit einhergehende unvorteilhafte Beratung für den Verbraucher ist nicht bekannt, negative Entwicklungen für Kleinanleger in Provisionsverbotsländern dagegen sind belegt. Sachliche Argumente für ein Provisionsverbot liegen nicht vor“, sagt BFV-Koordinator Erwin Hausen. „Wir hoffen, dass die EU-Kommissarin McGuinness diese Haltung der Bundesregierung zu Kenntnis nimmt und die Provisionsverbotsüberlegungen auch auf europäischer Ebene eingestellt werden“, so Hausen.

Inflation: Eine Chance für Berater

Mann hält Würfel mit lachenden Gesicht auf Tisch.

Erst Corona, jetzt die hohen Energiekosten und Inflation: Wie können sich Vermittler in diesem Marktumfeld behaupten und Kunden binden? Hier sind Tipps für den Vertrieb in Krisenzeiten.

Angesichts der rasant steigenden Lebenshaltungskosten und der beginnenden Rezession üben sich die deutschen Verbraucher in Konsumzurückhaltung. Der Handelsverband Deutschland (HDE) sieht den Einzelhandel quer durch alle Sparten im Krisenmodus. Wegen zweistelliger Inflationsraten stellten Konsumenten größere Anschaffungen tendenziell zurück und griffen bei Lebensmitteln häufiger zu günstiger Discounter-Ware.

Aktuelle Zahlen des Statistischen Bundesamts belegen die zunehmende Vorsicht der Verbraucher. Danach ist der private Konsum in den vergangenen zwölf Monaten inflationsbereinigt um 4,3 Prozent geschrumpft. Für das kommende Jahr rechnet das Kieler Institut für Weltwirtschaft mit einer Teuerungsrate von 8,7 und einem Kaufkraftverlust von 4,1 Prozent in Deutschland.

Verbraucher stehen auf der Ausgabenbremse

In diesem herausfordernden Marktumfeld bewegt sich auch die Versicherungs- und Finanzbranche. Infolge der Inflation stehen bei den privaten Haushalten nicht nur die allgemeinen Konsumausgaben auf dem Prüfstand, sondern auch Versicherungen und Finanzanlagen. Dr. Thomas Url, Ökonom an der Universität Wien, geht davon aus, dass Verbraucher die höheren Preise bei Lebensmitteln, Energie und anderen lebensnotwendigen Gütern auch durch eine geringere Nachfrage bei Vorsorge- und Versicherungsprodukten kompensieren werden. Deshalb werde das Neukundengeschäft kurzfristig leiden.

Dennoch bietet der Markt für Finanzanlage- und Versicherungsprodukte nach wie vor viel Potenzial. Zwar gehen laut einer repräsentativen Online-Umfrage des Markt- und Meinungsforschungsinstituts Forsa 38 Prozent der Deutschen davon aus, dass sich ihre finanzielle Situation in den nächsten sechs Monaten verschlechtern wird. Doch trotz oder gerade wegen dieser Erwartung legen fast drei Viertel (72 Prozent) regelmäßig Geld zur Seite. Jeder Dritte spart monatlich gar zwischen 100 und 250 Euro.

Neue Vertriebschancen für Berater

Doch wohin mit dem Spargroschen in schwierigen Zeiten? Passen die in der Vergangenheit getroffenen Anlage- und Vorsorgeentscheidungen noch zur aktuellen Situation? Oder ist ein Produktwechsel sinnvoll? Hier kommen die Beraterinnen und Berater ins Spiel. Ihre Aufgabe ist es, ihren Kunden neue Orientierung bei der persönlichen Absicherung und Vorsorge zu geben. Denn der Markt hat sich fundamental gedreht. Vor den Vermittlern liegt viel Arbeit. Zugleich bieten sich ihnen interessante neue Vertriebschancen.

Doch wohin mit dem Spargroschen in schwierigen Zeiten? Passen die in der Vergangenheit getroffenen Anlage- und Vorsorgeentscheidungen noch zur aktuellen Situation? Oder ist ein Produktwechsel sinnvoll? Hier kommen die Beraterinnen und Berater ins Spiel. Ihre Aufgabe ist es, ihren Kunden neue Orientierung bei der persönlichen Absicherung und Vorsorge zu geben. Denn der Markt hat sich fundamental gedreht. Vor den Vermittlern liegt viel Arbeit. Zugleich bieten sich ihnen interessante neue Vertriebschancen. 

Denn die in Zeiten von Preisstabilität und Niedrigzinsen zusammengestellten Kundenportfolios bedürfen wegen der anhaltend hohen Inflation und steigender Zinsen meist einer Optimierung. Bei der Geldanlage sind neue Lösungen gefragt. So rücken mit der Zinswende Anlageformen zurück in den Fokus, die in der langen Niedrigzinsphase fast in Vergessenheit geraten waren. Dazu zählt beispielsweise das Bausparen, das angesichts steigender Guthabenzinsen für künftige Bauherren und Immobilienbesitzer mit Modernisierungsbedarf wieder zur interessanten Geldanlage wird. Wer früh reagiert, kann sich zudem noch verhältnismäßig niedrige Darlehenszinsen sichern. Dies sollten Vermittler bei der Kundenberatung berücksichtigen.

Langfristige Geldanlagen umbauen

Den größten Anpassungsbedarf gibt es jedoch bei anderen langfristigen Geldanlagen, allen voran bei der privaten Altersvorsorge. 84 Prozent der regelmäßigen Sparer gaben in der Forsa-Umfrage an, Geld zur Absicherung im Alter zurückzulegen. Die private Altersvorsorge ist damit das wichtigste Sparziel der Deutschen. Doch derzeit hinkt die Verzinsung traditioneller Geldanlagen erheblich hinter der Inflationsentwicklung hinterher. Die Folge sind reale Wertverluste und geringere Kaufkraft im Alter.

Hier sind Beraterinnen und Berater gefordert, neue Konzepte für ihre Kunden zu erarbeiten, um die Altersvorsorge möglichst inflationssicher aufzustellen. Bei klassischen Lebens- und Rentenversicherungen mit hohen Garantieversprechen fließen die Beiträge größtenteils in Finanzprodukte mit fester Verzinsung, wie zum Beispiel Bundesanleihen. Doch mit der Zinswende hat sich die Situation am Kapitalmarkt grundlegend verändert. Die Renditen für Bundesanleihen sind seit Anfang 2022 massiv auf 1,4 Prozent gestiegen. Was sich nach einer guten Nachricht anhört, wird für alte Anleihebestände zum Problem. Sie verlieren an Wert, weil neue Anleihen mit wesentlich höheren Zinsen auf den Markt kommen.

So geht inflationssichere Altersvorsorge

Bis die Zinswende auch bei alten klassischen Lebens- und Rentenversicherungsverträgen ankommt und sich die Renditen verbessern, werden nach Schätzungen von Experten noch einige Zeit vergehen.

Dagegen bieten vor allem langfristig angelegte kapitalmarktbasierte Versicherungslösungen Schutz vor Kaufkraftverlusten im Alter. Dazu zählt das Fondssparen mit Aktien, Indexfonds oder ETFs. Über die Jahre bringt es in der Regel deutlich höhere Renditen als klassisch zinsbasierte Produkte und gilt als flexibel und inflationssicher. Denn der Umsatz und damit auch der Wert von Unternehmen steigt in der Regel in ähnlichem Tempo wie die Preise oder entwickelt sich gar besser. Investoren müssen daher keinen Kaufkraftverlust fürchten.

Im Mantel einer Rentenversicherung stellen Kunden darüber hinaus sicher, dass ihr Einkommen im Alter bis zum Lebensende gesichert ist. Mit Hilfe moderner Hybridprodukte können Kunden selbst entscheiden, wie hoch der Anteil der sicheren bzw. der renditeorientierten Anlagen in ihrer Altersvorsorge sein soll.

Dieses Verhältnis können sie im Laufe der Versicherungsdauer flexibel anpassen. Mit dem Umschichten in risikoärmere Anlageformen können sich Kunden vor Kursverlusten kurz vor der Rente schützen. Die Produkte liefern Beraterinnen und Beratern eine Vielzahl von Argumenten, warum Kunden ihre Altersvorsorge jetzt umstellen oder um einen kapitalmarktbasierten Baustein ergänzen sollten. 

Argumente gegen Kündigungen

Doch wie gehen Beraterinnen und Berater mit preissensiblen Bestandskunden um, die sich mit dem Gedanken tragen, Versicherungen zu kündigen? Auch hier zählen Argumente. Bei der Rentenversicherung gilt es zu Bedenken, dass Steuervorteile oder hohe Garantiezinsen verloren gehen. Und sind langfristig ausgelegte Verträge wie Berufsunfähigkeits- und Pflegezusatzversicherung einmal gekündigt, lassen sie sich später in der Regel allenfalls zu schlechteren Konditionen wieder abschließen.

Zudem macht die anhaltend hohe Inflation den Versicherungsschutz häufig noch wertvoller. Ein Beispiel dafür ist die Gebäudeversicherung. Wer auf die Absicherung für die Immobilie verzichtet, muss wegen steigender Kosten für Handwerker und Material im Schadenfall noch mehr aus eigener Tasche bezahlen. Die Inflation macht einen nicht versicherten Schaden für den Geschädigten finanziell noch schmerzhafter und gefährdet im schlimmsten Fall gar die wirtschaftliche Existenz. Darum ist die passende Absicherung gerade in Zeiten stark steigender Preise unverzichtbar.

Frank Kettnaker - Vorstand Vertrieb und Marketing, Alte Leipziger Lebensversicherung a.G. und Hallesche Krankenversicherung a.G.

Frank Kettnaker

Vorstand Vertrieb und Marketing, Alte Leipziger Lebensversicherung a.G. und Hallesche Krankenversicherung a.G.

Der Werdegang von Frank Kettnaker zeigt, was man im Versicherungsvertrieb mit Engagement, Wissen und Leidenschaft für Menschen erreichen kann. Mitte der 80er Jahre begann Frank Kettnaker seine Ausbildung zum Versicherungskaufmann und gelangte von dort aus sehr schnell in den Vertrieb mit beruflichen Stationen bei Axa-Colonia und DBV-Winterthur. Seit 2007 ist er Vorstand für Vertrieb und Marketing von Alte Leipziger und Hallesche, kurz ALH Gruppe. Dort verantwortet er wachstumsreiche Jahre in Leben, Kranken, Sach, Bauspar und Trust.

BaFin-Merkblatt: BFV kritisiert unzulässigen schwerwiegenden Markteingriff

Die Bundesarbeitsgemeinschaft zur Förderung der Versicherungsmakler (BFV) kritisiert zahlreiche von der BaFin geplante Maßnahmen, die diese mit dem „Merkblatt zu wohlverhaltensaufsichtlichen Aspekten bei kapitalbildenden Lebensversicherungsprodukten“ einführen will. In ihrer Stellungnahme (https://www.bfv-versicherungsmakler.de/wp-content/uploads/2023/01/2023_01_13_Stellungnahme-BFV-zum-BaFin-Merkblatt-LV-Wohlverhalten.pdf) im Rahmen der BaFin-Konsultation moniert die BFV den offenbar geringen Stellenwert einer qualifizierten Beratung und Vermittlung, erkennt in den zahlreichen Regelungen mit Druck auf die Vergütungen einen schwerwiegenden Markteingriff, kritisiert die Bevorzugung von ‚Stornierern‘ und weist auf geplante Regelungen hin, die im Widerspruch zu gesetzlichen Regelungen stehen. Zudem werden kostensteigernde Auflagen benannt, die dem Ziel einer höheren Rendite entgegenstehen. Einige der BFV-Kritikpunkte im Detail:

Beratung ist ein Kundennutzen

„Den Kundennutzen auf den Renditeaspekt zu beschränken, greift zu kurz. Auch laut IDD gibt es weitere Aspekte, die den Kundennutzen ausmachen. Insbesondere hat die Beratung, Vermittlung und Betreuung einen Wert und stellt einen Kundennutzen dar. Der Kundennutzen sollte daher umfassender definiert werden als im BaFin-Merkblatt vorgesehen“, fordert die BFV in ihrer Stellungnahme. Durch die auf Rendite beschränkte Definition des Kundennutzen mit entsprechenden Auflagen greift die Aufsicht in die Vergütung der Vermittler ein. Die sehr umfangreichen Ausführungen zu Aufwendungen an Versicherungsvermittler lassen den Schluss zu, dass es der BaFin vorrangig um die Provisionshöhe geht. Doch die europäische Versichereraufsicht EIOPA bezeichnet in ihrem aktuellen Papier „Methodology to assess value for money in the unit-linked market“ Beratung und Betreuung vor Ort und über die Laufzeit als einen besonderen, nicht monetären Wert für Kunden, der auch höhere Kosten verursachen kann.

Der vielfältige Druck auf die Vergütungen ist ein schwerwiegender Markteingriff

Nachdem der Gesetzgeber in der letzten Legislaturperiode mit der GroKo keinen Provisionsdeckel einführte und die Ampel-Koalition im Koalitionsvertrag weder die Einführung eines Provisionsdeckels noch einen Provisionsrichtwert anstrebt, ist es irritierend, dass die BaFin Forderungen erhebt und Auflagen machen will, die letztlich zu einem maßgeblichen Eingriff in die Vergütung der Vermittler führt. Das ist nach Einschätzung der BFV hinsichtlich der Auswirkungen vergleichbar mit dem von der BaFin zuvor angestrebten Provisionsrichtwert. „Dieser stellt einen schwerwiegenden Markteingriff dar, der wie ein Provisionsdeckel dem Parlamentsvorbehalt unterliegen sollte“, fordert die BFV und betont zugleich, dass es dazu keine Notwendigkeit, wie in der Branche weit verbreitete Missstände, gibt. „Die geringen Verbraucher-Beschwerdezahlen über Versicherungsvermittler bei der BaFin und beim Versicherungsombudsmann zeigen, dass es keine weit verbreiteten Missstände bei Versicherungsvermittlern oder im Zusammenhang mit dem Provisionssystem gibt“, so BFV-Koordinator Erwin Hausen. Obendrein will die BaFin vorschreiben: „Eine hohe Abschlussprovision ist daher an angemessene qualitative Kriterien zu knüpfen.“ Eine vergleichbare Formulierung ist bereits im seinerzeitigen Entwurf zum ‚LV-Provisionsdeckelgesetz‘ zu finden. Doch das wurde aus wichtigen Gründen, u. a. erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken (Rechtsgutachten zur Verfassungsmäßigkeit eines gesetzlichen Provisionsdeckels für die Vermittlung von Lebensversicherungen, von Prof. Dr. Hans-Jürgen Papier, Januar 2019, https://www.bfv-versicherungsmakler.de/Rechtsgutachten Papier gesetzlicher LV-Provisionsdeckel.pdf) vom Gesetzgeber nicht beschlossen.

Zielmarkt sind vertragstreue Kunden und nicht Stornierer

Zu Gunsten von Kündigern regelt der Gesetzgeber mit § 169 Abs. 3 Satz 1 VVG bereits den Rückkaufswert und mit § 49 Abs. 1 VAG die Provisionshaftungszeit von 5 Jahren. Die BFV hält es nicht für richtig, dass die BaFin über ihre Auslegungen zum POG-Verfahren, der Forderung nach einer Rendite nach Kosten und Inflation zum Stornozeitpunkt und der Empfehlung, Abschluss- und Vertriebskosten über die gesamte Laufzeit zu verteilen, Vorgaben über diese Gesetze hinaus macht. Die private Altersvorsorge vertragstreuer Kunden ist das Ziel des Ansparvorgangs. „Das sollte auch so bleiben, wir sprechen uns dagegen aus, dass die Rendite von Kündigern zu Lasten der Rendite von vertragstreuen Kunden verbessert werden soll“, so die BFV. Dem steht auch ein fragwürdiges Beispiel im Fachartikel der BaFin vom 05.01.2023 („Vertriebsvergütung im Spannungsfeld von Beratungsaufwand und Verbraucherschutz“) nicht entgegen. Dort führt die BaFin nach eigenen Angaben ein „Extrembeispiel“ auf: „Ein Lebensversicherungsunternehmen erwartet für ein Produkt, das auf eine langjährige Ansparphase ausgelegt ist, dass die Angehörigen des Zielmarkts ihre Vertragsverhältnisse innerhalb der ersten fünf Jahre zu 100 Prozent vorzeitig beenden.“ Das wertet die BFV nicht als Extrembeispiel, sondern als Missstand: „Wenn ein Lebensversicherer ein Produkt konzipiert, dass aus Sicht des Versicherers dann erfolgreich ist, wenn binnen fünf Jahren alle Kunden kündigen, dann ist das ein Beispiel für ein unseriöses Geschäftsmodell, das die BaFin als Einzelfall im Rahmen ihrer Missstandsaufsicht unterbinden sollte.“

§ 6 Abs. 6 VVG muss beachtet werden

Versicherern hinsichtlich der Anlagestrategie des Produktes eine Beratungspflicht während der Vertragslaufzeit aufzugeben, steht nach Auffassung der BFV im Widerspruch zur Versicherungsmakler-Ausnahme nach § 6 Abs. 6 VVG. Diese Vorgabe des Gesetzgebers sollte berücksichtigt werden.

Zu Bedenken gibt die Bundesarbeitsgemeinschaft zudem, dass jede weitere Regulierung, Auflage und Forderung zu weiterem Personalbedarf und somit zu höheren Kosten führt, die sich negativ auf die Rendite der betreffenden Produkte auswirken. „Verpflichtungen, die über die Forderungen der IDD hinausgehen, dienen nicht der Auslegung der IDD und sollten gestrichen werden. Die IDD und weitere europäische und nationale Vorgaben stellen bereits mit zahlreichen Anforderungen und Vorgaben an Versicherer und Vermittler ein hohes Verbraucherschutzniveau sicher. Daher ist für viele der im Merkblatt benannten Anforderungen keine Notwendigkeit zu erkennen“, so das Fazit der BFV.

Die Stellungnahme kann unter https://www.bfv-versicherungsmakler.de/wp-content/uploads/2023/01/2023_01_13_Stellungnahme-BFV-zum-BaFin-Merkblatt-LV-Wohlverhalten.pdf abgerufen werden.