Der Wert der Beratung

Professionelle Beratung

Das Provisionsverbot – kommt es oder kommt es nicht? Seit Monaten kann man die Diskussion in der Presse verfolgen. Als Maklerversicherer zählt für uns die gute Zusammenarbeit mit unseren Geschäftspartnern und wir wissen die intensive Beratungsarbeit, die sie leisten, sehr zu schätzen. Und der Wert einer solchen Beratung lässt sich auch messen. Im Englischen ist der “Value of Advice” bereits ein gesetzter Begriff und das Thema selbst seit Jahren in mehreren Ländern erforscht.  

Was ist damit gemeint? Kurz zusammengefasst ist es der positive Einfluss, den regelmäßige professionelle Beratung auf Kunden und ihre Geldanlagen hat. Im Wesentlichen gibt es drei nachweislich positive Faktoren für Anleger, die sich aus der Zusammenarbeit mit einem Berater ergeben: 

  1. Beratene Verbraucher sparen mehr als diejenigen ohne einen Berater. Angesichts leerer Rentenkassen sicher auch für Deutschland eine wichtige Erkenntnis und Zielsetzung. 
  1. Auch im Endergebnis lässt sich der positive Beratungseffekt klar belegen: Kunden mit Beratung erzielen unterm Strich einfach die besseren Ergebnisse – sprich mehr Kapital – für ihr Alter. 
  1. Beratene Anleger handeln deutlich entspannter bei Kapitalmarktschwankungen, reagieren gelassen und handeln nicht vorschnell.  

Das sind Erkenntnisse, die bereits in mehreren wissenschaftlichen Studien in unterschiedlichen Ländern, z.B. Kanada, USA und Irland, untersucht wurden.  

Die Notwendigkeit für Beratung 

Eine dieser Studien kommt zum Beispiel von unserer amerikanischen Schwestergesellschaft Empower, die die betriebliche Altersversorgung von über 17 Millionen Kunden in den USA betreuen. Die Ergebnisse dort zeigen zunächst, dass es einen konkreten Anlass, eine Notwendigkeit, für Beratung gibt. Denn bei den Menschen in Amerika verliert das Thema Altersvorsorge in den Sparzielen zunehmend an Bedeutung. Gleichzeitig sinkt die Zuversicht für das Alter gut abgesichert zu sein. Was kann hier verändert werden? Man muss Anreize für Kunden schaffen, sich mit dem Thema Altersvorsorge auseinanderzusetzen. Denn auf der Positivseite wurde herausgefunden, dass Kunden, die sich aktiv mit dem Thema auseinandersetzen, eine um 56% höhere Sparquote haben. Und sie agieren zudem souveräner in ihren Investment Entscheidungen. Dieser Effekt ist bei Menschen, die professionelle Beratung in Anspruch nehmen, noch verstärkt. Sie sind auch zuversichtlicher, dass sie für ihren Ruhestand finanziell gut aufgestellt sind. Und über die Hälfte der Befragten wünscht sich, sie hätten eine professionelle Beratung früher in Anspruch genommen. Ein Studienteilnehmer sagt dazu: “Ich hätte meinem jüngeren Ich geraten […] früh anzufangen. Suche früh Hilfe und finde jemanden, dem du wirklich vertraust und der dir etwas über Finanzkompetenz beibringen kann. Es ist so viel einfacher in jungen Jahren die Vorteile zu nutzen.” 

Zahlen, die für sich sprechen  

Die Notwendigkeit für eine Beratung wird von den Menschen also erkannt. Es gibt ihnen ein Gefühl der Sicherheit und Selbstvertrauen. Doch der Wert der Beratung geht weit darüber hinaus. Eine kanadische Studienreihe von Montmarquette & Viennot-Briot hat den Einfluss von professioneller Beratung auf das Vermögen von über 3.500 kanadischen Haushalten untersucht. Davon arbeitete knapp die Hälfte der Befragten mit einem Berater zusammen. Und die Zahlen heben diesen sogenannten Wert der Beratung deutlich hervor. Bereits nach 4 Jahren hatten Haushalte mit Berater 60% höhere Vermögenswerte als vergleichbare Haushalte ohne Berater. Nach 15 Jahren lag der Unterschied bereits bei 290% – das ist 3,9 Mal so viel wie in Haushalten ohne Berater.  

Die Autoren haben sich die Ergebnisse genauer angeschaut, um herauszufinden, wo der Unterschied liegt – mit anderen Worten: Wie beeinflusst der sogenannte Value of Advice die Entwicklung des Vermögens? Dabei konnten sie zwei wichtige Faktoren herausarbeiten: Befragte mit Finanzberatern haben zum einen höhere Sparquoten, also eine höhere Spardisziplin. Zum anderen ist ihr Vermögen anders verteilt: sie haben einen größeren Anteil ihrer Anlagen in Sachwerten investiert.  

In einem zweiten Schritt untersuchten die Wissenschaftler die Entwicklung von Vermögenswerten von 2010 bis 2014. Und diese Ergebnisse zeigten vor allem eines: Die Abkehr von einem Finanzberater war kostspielig. Denn Haushalte, die über die gesamten vier Jahre mit ihrem Berater zusammengearbeitet haben, hatten in ihren Vermögenswerten einen Zuwachs von 16,4%. Haushalte, die nach 2010 keinen Berater mehr hatten, hatten einen Zuwachs von lediglich 1,7%.  

Eine weitere Studie des Maklerverbands Financial Broker belegt diesen Effekt ebenfalls. In der Studie wurden über 1.000 Menschen in Irland befragt. Diejenigen, die mit einem Berater zusammenarbeiten hatten mehr als doppelt so häufig eine Rentenversicherung (73%) wie diejenigen ohne Berater (34%). Und auch die Ersparnisse waren bei Menschen mit Berater deutlich höher: in ihrem Rententopf befanden sich durchschnittlich 128.933€. Menschen ohne Berater hatten im Durchschnitt 62.600€ in ihrer Altersvorsorge angespart.  

Beratung zugänglich machen 

Es macht Sinn sich mit den internationalen Ergebnissen intensiver zu befassen und einen Bezug zu unserem Markt herzustellen. Die Diskussion hierzulande scheint sich einzig in der Provisionsfrage verkantet zu haben. Es wird geradezu verbissen und einseitig die Kostenseite betrachtet. Es wird Zeit mal einen Schritt von der Bahnsteigkante zurückzutreten und mit etwas Abstand die Gesamtsituation zu betrachten. Wenn man die internationalen Studien dazu liest, wird einem noch einmal mehr bewusst, wie wichtig die professionelle Beratung für Verbraucher wirklich ist. Denn um den eigenen Bedarf zu ermitteln und die mögliche Versorgungslücke im Alter schließen zu können, braucht es individuelle Lösungen. Mit einer Selbstdiagnose im Internet ist es oft nicht getan. Und das ist eine der großen Sorgen, die in der Diskussion um das Provisionsverbot mitschwenkt. Denn in Großbritannien hat das Provisionsverbot von 2013 nicht zu mehr Honorarberatung geführt, sondern dazu, dass sich 66% der Menschen gar nicht mehr beraten lassen. Wir haben die Möglichkeit eine solche Entwicklung noch abzuwenden. Und wer sich mit der Forschung und den Statistiken auseinandersetzt, wird schnell erkennen: Ja, professionelle Beratung hat ihren Preis – aber sie ist es wert! Gerade das haben wir ja im vergangenen Jahr erlebt: es gab gehörigen Anlass zur Verunsicherung von Lebensversicherungskunden. Und es gab einen deutlich spürbaren Beratungsbedarf. Der wurde von der Branche – allen voran den Vermittlern – auch geleistet. Und in wahrscheinlich 99,9% der Fälle, ohne ein Honorar für diese wichtige Dienstleistung zu berechnen. Deshalb gab es keine Kündigungswelle.  


Markus Drews, Managing Director Canada Life Europe

Markus Drews

Managing Director Canada Life Europe

Titelbild: © makibestphoto, Adobe Stock

Beratung und Vermittlung auf Provisionsbasis hat einen Wert für den Verbraucher

Die EU-Kommission liebäugelt mit einem Provisionsverbot. Konkret in die öffentliche Diskussion gebracht wurde das durch Mairead McGuinness, EU-Kommissarin für Finanzdienstleistungen, Finanzstabilität und Kapitalmarktunion. Daraufhin hatte die Fraktion der CDU/CSU mit der Kleinen Anfrage „Drohendes EU-Verbot provisionsbasierter Anlageberatung“ (BT-Drucksache 20/5487) der Bundesregierung 34 Fragen zu deren Einschätzung gestellt. In der Antwort verneint die Bundesregierung für sich und die BaFin eigene Erkenntnisse, dass die Provisionsberatung systematisch zu einer für den Verbraucher unvorteilhaften Beratung führt.

Demnach will die EU-Kommission gesetzliche Regelungen vorschreiben, die mindestens in Deutschland, wahrscheinlich auch in vielen anderen EU-Ländern, am Bedarf nicht nur vorbei gehen, sondern für Wirtschaft und Verbraucher schädlich sind. „Gesetze regeln und ordnen rechtsverbindlich das Zusammenleben einer Gemeinschaft! Sie müssen notwendig sein und der Allgemeinheit dienen. Wenn ich, wie im vorliegenden Fall die Antworten belegen, mir weder über die Notwendigkeit im Klaren bin noch über die daraus resultierenden negativen Folgen für eine breite Allgemeinheit, ist das grundlegende Ziel verfehlt“, kritisiert Frank Kettnaker, Vorstand Vertrieb und Marketing Alte Leipziger Lebensversicherung a.G. und Hallesche Krankenversicherung a.G., die EU-Bestrebungen.

Eine Beratung und Vermittlung auf Provisionsbasis ist nicht nachteilig für den Verbraucher, im Gegenteil, Beratung hat einen Wert, betont Markus Drews, Managing Director Canada Life Europe: „Ein über Jahrzehnte bewährtes System wird bereits seit einigen Jahren von einzelnen Kritikern angegriffen. Leider haben sie sich dabei Teile der Politik zum Instrument ihrer Argumentation machen können. Beim Durchlesen der fundierten Fragen der Kleinen Anfrage der Union und der Antworten der Bundesregierung darauf wird deutlich, wie wenig Substanz eine Generalkritik am Provisionssystem hat. Würde man sich stattdessen darauf konzentrieren, die tatsächlichen – und falls überhaupt vorhandenen – Missstände entschlossen anzugehen, dann wäre allen Beteiligten geholfen. Wir sollten noch viel deutlicher den Wert der Beratung hervorheben, denn der geht deutlich über die Dauer des eigentlichen Abschlusses eines Vertrages hinaus. Dass es in diesem für viele Verbraucher schwierigen finanziellen Umfeld nicht zu einer Kündigungswelle wertvoller Vorsorgeverträge gekommen ist, ist das Ergebnis professioneller Beratung durch die Branche. Und es ist der Verdienst all der Vermittler, die auch dann partnerschaftlich an der Seite ihrer Kunden stehen.“

Dietmar Bläsing, Sprecher der Vorstände der VOLKSWOHL BUND Versicherungen, bricht eine Lanze für Versicherungsmakler und persönliche Beratung: „Bei der Diskussion um die provisionsbasierte Beratung wird die fachliche Leistung der Versicherungsmakler und freien Vermittler leider immer wieder auf einen reinen Produktverkauf reduziert. In Wahrheit geht es aber vielmehr um die Abfrage der echten Bedarfe und der individuellen Priorisierungen bei den Kunden. Wer Menschen bei der Absicherung existenzieller Risiken mit Absicht in eine Do it yourself-Versorgung treibt, begeht meiner Ansicht nach einen schweren Fehler, denn für die Beratungsversäumnisse von heute werden diese Menschen in Zukunft möglicherweise teuer bezahlen. Insofern finde ich gut, dass die Bundesregierung in ihrer Antwort deutlich macht, dass sie ebenfalls Grenzen beim ‚Robo-Advice‘ und anderen Do it yourself-Alternativen sieht.“

Hermann Schrögenauer, Vorstand Vertrieb Lebensversicherung von 1871 a.G. München, betont, dass „eine gute Vorsorge und die Beratung dazu oft jahrzentlang in die Zukunft reichen. Daher ist es wichtig, dass die Beratung möglichst gut ist – und nicht, dass sie möglichst billig ist. Daher setzen wir uns klar für eine adäquate Vergütung für die unabhängigen Versicherungsmakler ein. Denn: sie stehen auch rechtlich auf der Seite des Kunden und können so ein passendes und individuelles Vorsorgekonzept ausarbeiten.“

Für den CDU-Finanzexperten MdB Dr. Carsten Brodesser ist in der Gesamtbetrachtung „die Antwort der Bundesregierung leider nicht zufriedenstellend, da sie, wie so oft, viele Fragen offen lässt. Dennoch gibt es auch manche klaren Aussagen. Sie ist ebenso wie wir der Auffassung, dass grundsätzlich jeder Kleinanleger Zugang zu einer persönlichen Beratung haben sollte. Auch der Bundesregierung liegen keine Kenntnisse vor, dass Provisionen in Deutschland zu einer für Verbraucher systematisch unvorteilhaften Beratung führen. Und sie hält fest, dass sowohl Honorar- als auch Provisionsberatung Vor- und Nachteile bereithalten. Dass sich die Bundesregierung auf Basis dieser Erkenntnisse noch nicht einmal der Forderung nach einem Nebeneinander von Honorar- und Provisionsberatung anschließen kann und ein Provisionsverbot nicht klar ablehnt, zeigt einmal mehr die Zerstrittenheit der Ampel auch in dieser Frage.“

Die Bundesarbeitsgemeinschaft zur Förderung der Versicherungsmakler (BFV) begrüßt, dass „die Bundesregierung Wert darauf legt, dass jeder Kleinanleger Zugang zu einer persönlichen Beratung hat. Das lässt sich mit einem Provisionsverbot nicht vereinbaren. Die Beratung und Vermittlung gegen Provision ist etabliert und funktioniert, wird vom Verbraucher angenommen, eine systematisch damit einhergehende unvorteilhafte Beratung für den Verbraucher ist nicht bekannt, negative Entwicklungen für Kleinanleger in Provisionsverbotsländern dagegen sind belegt. Sachliche Argumente für ein Provisionsverbot liegen nicht vor“, sagt BFV-Koordinator Erwin Hausen. „Wir hoffen, dass die EU-Kommissarin McGuinness diese Haltung der Bundesregierung zu Kenntnis nimmt und die Provisionsverbotsüberlegungen auch auf europäischer Ebene eingestellt werden“, so Hausen.