Die Leistung des Vermittlers bleibt unverzichtbar

Der „Wert der Beratung“ ist der Titel einer amerikanischen Studienreihe, die den Wert der persönlichen Beratung von Vermittlern im Bereich der finanziellen Vorsorge und der Lebensversicherung untersucht hat. Der positive Einfluss einer professionellen Beratung auf die Spardisziplin, Vermögensentwicklung und die Altersvorsorge wurde in der Studie mit eindeutigen Zahlen belegt. In Deutschland wurden die Ergebnisse der Studie insbesondere im Zusammenhang mit dem drohenden Provisionsverbot mit in die Diskussion eingebracht. Doch wie steht es um den „Wert der Beratung“ bei Maklern, die Produkte außerhalb der finanziellen Vorsorge vertreiben? Reicht die Eigenrecherche mit Vergleichsrechnern im Internet, oder bieten Makler einen Mehrwert, der nur durch eine individuelle, persönliche Beratung erbracht werden kann? Thomas Hebel (Leiter Vertrieb) und Matthias Vormbrock (Leiter Maklervertrieb) von der Haftpflichtkasse VVaG geben im persönlichen Gespräch spannende Denkanstöße zu diesem Thema.

Wird eine Versicherung benötigt, so recherchieren die Verbraucher im Internet und nutzen die gängigen Online-Vergleichsrechner. Die Kunden sind quasi ihre „eigenen Berater“. Warum, so könnte man ketzerisch fragen, sollen sie dann für vermeintlich wenig erklärungsbedürftige Produkte wie z. B. der Haftpflicht- und der Hausratversicherung noch einen Makler beauftragen?

Thomas Hebel: Ich würde gerne ein Mysterium aufklären – das Schreckgespenst vom „Ende der persönlichen Beratung“ dank Digitalisierung. Laut GDV sind Direktabsatz und Vergleichsportale seit 2017 weiterhin unterdurchschnittlich am Neugeschäft beteiligt. Bei SHU gerade einmal mit einem Anteil von 2,8 % (2021). Der so genannte RoPo (research online purchase offline) Effekt zeigt deutlich, dass Menschen zwar online recherchieren, aber weiterhin mehrheitlich über Menschen abschließen. Diese vermeintlich wenig erklärungsbedürftigen Produkte haben alle ihre Besonderheiten und gehören zu einer umfassenden Beratung dazu. Eine gute Kundenbeziehung endet auch nicht beim Vertragsabschluss, sondern reicht bis hin zur Schadensregulierung. Hier spielen persönliche Bindungen zwischen Maklern und Kunden eine besondere Rolle.

Matthias Vormbrock: Zweifellos geht die Leistung eines Maklers weit über den Vergleich von Preisen und Deckungsinhalten hinaus. Der Makler berät (unterbewusst) in einer Vielzahl von Fragen, die der Kunde nicht sieht: Wie smart ist der Versicherer aufgestellt? Funktionieren Service und Schadenbearbeitung? Wie ist die Prozesslandschaft und wie stabil ist die Tariflandschaft? Ein Makler hat immer einen ganzheitlichen Blick auf den individuellen Beratungsanlass.

Selbst wenn die Verbraucher den „Wert der Beratung“ durch Vermittler anerkennen, spielt der Zeitfaktor oft den Online-Rechnern in die Hände. Wie können neue, innovative Ansätze der Kundenberatung in einer immer schnelllebigeren Zeit aussehen?

Thomas Hebel: Makler haben das digitale Potential schon längst erkannt. Über Websites der Makler oder sogar eigenen Apps lassen sich Produkte für Kunden leicht abschließen. Dennoch bleibt der Bezug zur persönlichen Beratung erhalten. Versicherungsmakler sind, wie die bereits zitierte GDV-Studie zeigte, in allen Sparten ein wichtiger Vertriebskanal.
 
Matthias Vormbrock: Dem ist wenig hinzuzufügen. Der moderne Vermittler ist längst hybrid unterwegs. Ob über einen Dienstleister, einen Pool oder die Einbindung von Rechenkernen auf der eigenen Homepage. Die Möglichkeiten sind vielfältig. Aber es sind nicht nur die digitalen Wege beim Abschluss.  Die Beratungsanlässe sind oft sehr ähnlich, so dass der Makler zum Beispiel über Erklärvideos und informative Einbindungen über Social Media seinen Expertenstatus nach außen stärken kann. Die Kunden sind durch die Mediennutzung besser vorbereitet und der Makler kann direkt in die konkrete Beratung einsteigen.

Regelmäßige Weiterbildungszeiten bilden eine wichtige Grundlage für eine optimale Beratung. Wie können die Versicherungsgesellschaften die Makler am besten beim Thema Aus- und Weiterbildung unterstützen?

Thomas Hebel: Wir unterstützen unsere Geschäftspartner über mehrere Wege. Wir bieten eigene Webinare und Vor-Ort Events an, um Fachwissen und Neuheiten direkt zu transferieren. Als Haftpflichtkasse sind wir ebenfalls Förderer von Initiativen und Einrichtungen, wie beispielsweise der Deutschen Maklerakademie und natürlich auch der BFV.

Matthias Vormbrock: Die Anforderungen an einen modernen Maklerbetrieb sind enorm und der Weiterbildungsbedarf geht in vielen Bereichen über das Fachliche hinaus. Darüber hinaus gilt es auch „überfachlich“ am Ball zu bleiben. Zum Beispiel rechtliche Inhalte wie die DSGVO mit einer immer schneller werdenden Kommunikation in Einklang zu bringen. Dazu kommen häufig unterschätzte Weiterbildungsfelder wie etwa die Themen Führung von Mitarbeitenden oder der Stellenwert von Social Media. Es profitieren alle, wenn Versicherer die angebunden Partnerbetriebe auch in diesen Feldern mit Weiterbildungsangeboten unterstützen.

Vertrauenswürdigkeit ist in der Kundenbeziehung von zentraler Bedeutung. Wie kann die hohe Beratungskompetenz der Makler für den Verbraucher noch transparenter und sichtbarer gemacht werden?

Matthias Vormbrock: Bezogen auf den Beratungsprozess ist eine systematische Erfassung und Protokollierung der individuellen Risiko- und Vorsorgesituation schon allein optisch sehr umfangreich und macht den Wert einer umfassenden Marktanalyse „transparent“. Dies ist aber nur das, was für den Kunden sichtbar ist. Vertrauen entsteht, wenn wir uns den Menschen „nahe fühlen“. Wenn wir mit ihrer Einstellung, ihrem Handeln und ihrer Persönlichkeit sympathisieren. Um all das zu vermitteln, lautet meine Empfehlung: Lassen Sie auch mal hinter die Kulissen schauen. Ob beim Besuch von Fortbildungen, auf Messen oder bei der Vorstellung von Mitarbeitern und Kunden – über Social-Media Plattformen können Maklerunternehmen so „nah“ am Interessenten sein wie nie zuvor. Hier eine Strategie zu entwickeln und auch aktiv Zeit und Budget einzuplanen, ist im Hinblick auf Vertrauen, Transparenz und Sichtbarkeit sicher eine gute Entscheidung.

Die individuelle Anpassung der Versicherung an die jeweilige Lebenssituation und die regelmäßige Überprüfung des Versicherungsschutzes gehören sicherlich zu den wichtigsten Beratungsleistungen. Wie können Versicherer den Vermittler dabei unterstützen und damit den „Wert der Beratung“ weiter erhöhen?

Thomas Hebel: Wir helfen unseren Vermittlern über alle relevanten Kanäle auf dem aktuellen Stand zu bleiben und bieten Hilfestellung bei Bestandskampagnen. Darüber hinaus bieten wir eine wertvolle Übersicht über Handlungsoptionen im Extranet – wie Beitragsanpassungen zur Sicherung der Innovationsgarantie und Wege zum bestmöglichen Versicherungsschutz.

Matthias Vormbrock: Zum einen natürlich durch innovative Produkte, die die verschiedenen Lebenssituationen „mitdenken“ (zum Beispiel durch Vorsorgeregelungen und Innovationsgarantien). Zum anderen aber auch durch gezielte Kampagnen, in denen Kundengruppen passgenaue Ergänzungen oder Erweiterungen zu bestehenden Verträgen angeboten werden.

Das Interview führte Thomas Petzinna im Auftrag der BFV.

Links: Thomas Hebel (Leiter Vertrieb), Die Haftpflichtkasse VVaG, rechts: Matthias Vormbrock (Leiter Maklervertrieb), Die Haftpflichtkasse VVaG