BFV fordert bei EU-Konsultation erneut Aussetzung der Nachhaltigkeitspräferenzabfrage-Pflicht

Die EU-Kommission hat am 02.05.2025 die Konsultationsphase zur Anpassung der Verordnung über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor (SFDR) gestartet. Interessenträger können sich zur Einschätzung des Problems durch die Kommission und zu möglichen Lösungen äußern und eine Folgeneinschätzung vornehmen. Rückmeldungen sollen in die für das 4. Quartal 2025 geplante Überarbeitung der SFDR einfließen. Die SFDR verfolgt u.a. das Ziel, einen maßgeblichen Beitrag zu leisten zur Mobilisierung privater Mittel, um den Wandel hin zu mehr Nachhaltigkeit voranzutreiben, also den sogenannten ‚Green Deal‘. Da ist die EU seit 2021 nicht wirklich vorangekommen und hat inzwischen zur Kenntnis nehmen müssen, dass die SFDR erhebliche Schwachstellen hat, „die ein vollständiges Erreichen der verfolgten Ziele verhindern“, so die EU-Kommission zu ihrer Überarbeitungs-Initiative. Konkret führt sie als Schwachstellen auf die ++ mangelnde Rechtsklarheit in Bezug auf zentrale Konzepte ++ die geringe Relevanz bestimmter Offenlegungspflichten ++ Überschneidungen und Unstimmigkeiten gegenüber anderen Teilen des Rahmens für ein nachhaltiges Finanzwesen und ++ Probleme im Zusammenhang mit der Datenverfügbarkeit. „Diese Schwachstellen haben zu Herausforderungen bei der Umsetzung und zu unverhältnismäßigen operativen Kosten für die Finanzmarktteilnehmer geführt. Ferner haben sie Unklarheiten und eine mangelnde Vergleichbarkeit der Nachhaltigkeit verschiedener Finanzprodukte, die Anlegern in der EU angeboten werden, zur Folge. Dies wiederum birgt sowohl die Gefahr von ‚Greenwashing‘ als auch die ungerechtfertigte Ausgrenzung einiger Sektoren aufgrund der Art und Weise, wie bestimmte Vorschriften in der Praxis angewendet werden“, erkennt die EU-Kommission den negativen Einfluss inkohärenter und überzogener Regulierung. Ziel der Überarbeitung ist nun, den Rahmen einfacher und praktikabler zu gestalten, übermäßige Belastungen für berichtende Unternehmen abzubauen sowie Anforderungen zu vereinfachen.

Das hätte die EU Kommission einfacher und vor allem viel früher, bereits 2022, haben können, als die Bundesarbeitsgemeinschaft zur Förderung der Versicherungsmakler (BFV) sich sehr kritisch zu einem unklaren Rechtsrahmen, einer fehlenden einheitlichen und haftungssicheren Definition von ‚Nachhaltigkeit‘ und einer praxisfremden Nachhaltigkeitspräferenzabfrage äußerte. Am 13.05.2022 beteiligte sich die BFV mit einer Stellungnahme (https://tinyurl.com/4un7twtt) an EIOPA an deren Konsultation zum Entwurf von Leitlinien zur Einbeziehung der Nachhaltigkeitspräferenzen des Kunden in die Eignungsprüfung im Rahmen der Versicherungsvertriebsrichtlinie und kritisierte bereits damals das Abfrageprozedere bei der Nachhaltigkeitspräferenzabfrage-Pflicht als praxisfremd, prognostizierte eine ablehnende Haltung und den Abbruch von Beratungsgesprächen, mit der Folge, dass „damit der politische Wille zu mehr nachhaltigen Investments konterkariert“ wird. Zudem hat die BFV bereits 2022 vor der Disparität im ESG-Gesamtszenario gewarnt:

„Nach wie vor besteht das Problem, dass die Nachhaltigkeitsdefinition der SFDR keine bzw. wenig Kompatibilität zu den ESG-Industriestandards aufweist. In der gesamten SFDR fehlt eine nachhaltige – also überdauernde – Definition von Nachhaltigkeit. Gerade die aktuellen politischen Debatten zu Gentechnik, Atomkraft, Erdgas und Rüstungstechnik zeigen, dass ‚Nachhaltigkeit‘ in einigen Bereichen nur eine flüchtige subjektive Wahrnehmung ist. Aus diesem Grund ist es auch extrem kurzlebigen Schwankungen unterworfen, welche Anlageprodukte (von Kunden) als nachhaltig wahrgenommen werden. Dieses Änderungsrisiko darf nicht zu einer Haftungsgefahr für Anbieter und Vermittler werden.“ Daher hat die BFV bereits 2022 gefordert, das Inkrafttreten zu verschieben und konstruktive Vorschläge unterbreitet. Mit Stellungnahme an die EU-Kommission vom 22.05.2025 bekräftigt die BFV: „Der aktuelle Rechtsrahmen (SFDR, Taxonomie-Verordnung, Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen) ist unklar bzw. in Teilen widersprüchlich. Es fehlt eine einheitliche und haftungssichere Definition von ‚Nachhaltigkeit. Notwendig sind klare und verständliche Kategorien.“

Die BFV verweist auf das 17. AfW-Vermittlerbarometer: Demnach lässt das Produktangebot im Bereich der Nachhaltigkeit weiterhin zu wünschen übrig. Die Frage, ob das Produktangebot im Finanzanlagenbereich ausreichend ist, um die Nachhaltigkeitspräferenzen der Kunden bedienen zu können, bejahte weniger als die Hälfte der Umfrageteilnehmer. Nur 47,6 % der Vermittlerinnen und Vermittler stufen die angebotenen Produkte bei Finanzanlagen als ausreichend ein, bei Versicherungen sind es mit 45,5 % noch weniger. „Das nicht ausreichende Produktangebot belegt, wie dringend eine Überarbeitung zur Verbesserung der Funktionsweise der SFDR notwendig ist. Es ist auch im Sinne des von der EU erhofften ‚Green Deal‘, übermäßige Belastungen kräftig abzubauen, die Anforderungen deutlich zu vereinfachen und den Aufwand für die ESG-Berichterstattung durch Finanzmarktteilnehmer erheblich zu verringern, damit das Produktangebot größer wird“, so BFV-Koordinator Erwin Hausen.

Bereits bei der Stellungnahme vom 13.05.2022 hat die BFV darauf hingewiesen, dass bei den Leitlinien die Gefahr besteht, dass Verbraucherinnen und Verbraucher missionarisch eher bedrängt werden, Nachhaltigkeitspräferenzen haben zu müssen sowie inhaltlich und zeitlich überfordert werden, so dass eine ablehnende Haltung und ein Abbruch des Beratungsgesprächs droht. „Verbraucher werden dann entweder auf sinnvolle und notwendige Altersvorsorge verzichten oder ohne Beratung per Selbstentscheider einen Abschluss online tätigen, der ggf. konventionelle Produkte ohne Nachhaltigkeit betrifft. Damit wird der politische Wille zu mehr nachhaltigen Investments konterkariert. (…) Für Vermittler entsteht ein erheblicher Mehraufwand, der den Beratungsprozess verteuert und verkompliziert. Auch das spricht für eine Entschlackung des geplanten Abfrageprozesses und für eine geringere Abfrageintensität“, erinnert die BFV. Wie sich ein praxisfernes Regulierungselement auswirkt, zeigt ein Vergleich der Ergebnisse des Vermittlerbarometers aus 2022 mit denen des 17. AfW-Vermittlerbarometers: „Während Vermittler 2022 über ein hohes Interesse (53 %) der Kunden an Nachhaltigkeit berichteten, sind nun, angesprochen auf das Thema Nachhaltigkeit, nur noch 21 % interessiert daran, ihre Nachhaltigkeitspräferenzen zu besprechen.“ Daher spricht die BFV sich dafür aus, dass „in einem ersten Schritt die Pflicht zur Nachhaltigkeitspräferenzabfrage umgehend ausgesetzt wird und in einem zweiten Schritt ein ideologiefreies, sachgerechtes und praxisnahes Abfrageprozedere entwickelt wird“. Die Realität hat die damalige Prognose, dass die Regelungen für den ‚Green Deal‘ kontraproduktiv sind, bestätigt.

Maklerorientierte Versicherer untermauern Einsatz für Versicherungsmakler

Nicht, weil am 10.05.2025 auf 11 Jahre seit Gründung der Bundesarbeitsgemeinschaft zur Förderung der Versicherungsmakler (BFV) zurückgeblickt werden konnte, sondern zum Austausch und Planung mit welchen Maßnahmen sich die BFV für Versicherungsmakler einsetzen und diese unterstützen kann, fanden sich Mitglieder zu einem Arbeitstreffen ein. Eingeladen hatte Hermann Schrögenauer, Vorstand der Lebensversicherung von 1871 a. G. München, in die Hauptverwaltung des Versicherers am Maximiliansplatz in München.

Themen waren u. a. die überbordende Regulatorik, die daraus folgenden hohen Regulatorikkosten und deren Wert aus Verbrauchersicht, anstehende Regulierungen wie die EU- Kleinanlegerstrategie, die politische Landschaft im Finanzbereich nach der Bundestagswahl, und ob Eingriffsversuche in die Provisionshöhe eher ausgeschlossen werden können oder wahrscheinlich sind (Foto von links vorne beginnend: Dr. Burghard-Orgwin Kaske (die Bayerische), Christian Nuschele (Standard Life), Tim Eisenhauer (Die Haftpflichtkasse), Julia Hauptmann (LV 1871), Angela Vosberg (Volkswohl Bund), Britta Renno (Canada Life), Thomas Friedrich (LV 1871), Hermann Schrögenauer (LV 1871) und Erwin Hausen (BFV-Koordinator). Weitere Mitglieder sind Alte Leipziger-Hallesche, Concordia Versicherungen und DMB Rechtsschutz. Zudem liegt die nächste Aufgabe bereits auf dem Tisch:

Die EU-Kommission hat kürzlich eine Konsultation zur Anpassung der Verordnung über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor (SFDR) gestartet. Rückmeldungen sollen in die für das 4. Quartal 2025 geplante Überarbeitung der SFDR einfließen. Offenbar ist auch in der EU, zumindest in Teilen, angekommen, dass das Totregulieren von Produkten weder dem Verbraucherschutz dient, noch, wie es mit der SFDR geplant war, den erhofften ‚Green Deal‘ voranzutreiben. Denn Ziel der Überarbeitung ist nun, den Rahmen einfacher und praktikabler zu gestalten, übermäßige Belastungen für berichtende Unternehmen abzubauen sowie Anforderungen zu vereinfachen. Zudem soll ‚Greenwashing‘ verhindert werden. Kritik an praxisfremden Vorgaben – dazu ein Blick zurück:

Die BFV hatte sich bereits 2022 sehr kritisch zu einem unklaren Rechtsrahmen, einer fehlenden einheitlichen und haftungssicheren Definition von ‚Nachhaltigkeit‘ und einer praxisfremden Nachhaltigkeitspräferenzabfrage geäußert. Am 13.05.2022 beteiligte sich die BFV mit einer Stellungnahme (https://tinyurl.com/4un7twtt) an EIOPA an deren Konsultation zum Entwurf von Leitlinien zur Einbeziehung der Nachhaltigkeitspräferenzen des Kunden in die Eignungsprüfung im Rahmen der Versicherungsvertriebsrichtlinie und kritisierte bereits damals (vgl. ‚vt‘ 21/22):

„Dass Vermittler ihre Kunden zu Nachhaltigkeitspräferenzen befragen und das Ergebnis in den Beratungsprozess einfließen lassen, wäre grundsätzlich zu begrüßen, wenn es denn eine einheitliche und haftungssichere Definition von ‚Nachhaltigkeit‘ gäbe und die Abfrageintensität nicht einem Bedrängen, um nicht zu sagen Missionieren, der Kunden nahekommt.“ Die BFV bezeichnete in ihrer Stellungnahme das Abfrageprozedere als „theoretisches Schema und an mehreren Stellen praxisfremd“ und sprach sich „für eine deutliche Vereinfachung aus“. Dazu lieferte die BFV EIOPA auch einen praxisrelevanten Vorschlag: Der Kunde solle besser selbst entscheiden, wie weit man in die Nachhaltigkeitsdetails geht. Die von EIOPA vorgesehenen Abfrageschritte sollten von Vermittlern zwar angeboten werden, „der Kunde sollte den Prozess aber jederzeit beenden können, ohne dass dies eine ‚Nachbearbeitung‘ durch den Vermittler auslöst“. Da für Vermittler ein erheblicher Mehraufwand entstehe, „der den Beratungsprozess verteuert und verkompliziert“, spreche auch das „für eine Entschlackung des geplanten Abfrageprozesses und für eine geringere Abfrageintensität“. Die BFV sprach sich zudem bereits vor rund drei Jahren aus mehreren Gründen für eine Verschiebung des Inkrafttretens der Regelungen aus – nicht zuletzt, um eine rechtssichere Anwendung zu gewährleisten.

Die BFV spricht sich daher dafür aus, dass in einem ersten Schritt die Pflicht zur Nachhaltigkeitspräferenzabfrage umgehend ausgesetzt wird und in einem zweiten Schritt ein ideologiefreies, sachgerechtes und praxisnahes Abfrageprozedere entwickelt wird.

BFV im Gespräch (Teil 3): Die Bundesarbeitsgemeinschaft und die Unterstützung der Versicherer bei der Arbeitskraftabsicherung

In einer aktuellen Serie berichtet das Branchenmagazin AssCompact über die Arbeit der BFV und lässt ihre Mitgliedsversicherer zu Wort kommen. Den Anfang machte das Thema private Altersvorsorge und wie diese Maklerversicherer Versicherungsmakler dabei unterstützen (Teil 1).

Im zweiten Teil der AssCompact-Gesprächsserie standen Vertreter von Sach- und Rechtsschutzversicherern der Redaktion Rede und Antwort (Teil 2).

Versicherungsmakler stärken, Risiken mindern: Im dritten Teil der Gesprächsserie sprach AssCompact über die Gründe der niedrigen Arbeitskraft-Absicherungsquote, wie eine hochqualitative Beratung die Situation verbessern kann und über die Beratung von Kunden mit Vorerkrankungen, insbesondere psychischen Erkrankungen. (Hier weiterlesen)

Statement Dr. Carsten Brodesser (CDU) MdB, Mitglied im Finanzausschuss

„Die im letzten Jahresausblick schon beschriebenen inhaltlichen und ideologischen Gräben innerhalb der Ampel haben sich über das Jahr verfestigt und schließlich – endlich muss man sagen – zum Bruch der Bundesregierung geführt. Damit findet die Zeit des Stillstands in vielen gesellschaftspolitischen Bereichen hoffentlich ein Ende, wo jeder Ampel-Koalitionär seiner eigenen Ideologie folgte und eine Abstimmung zwischen den einzelnen Ministerien kaum noch erfolgte. Aus dem postulierten Fortschritt wurde Stillstand, ja sogar Rückschritt. Gerade in der Altersvorsorge haben wir durch die ins Rentenalter eintretenden Babyboomer bereits fünf nach zwölf. Obwohl eine Rentenreform in allen drei Säulen von der Ampel vereinbart war, verfolgte jedes Haus seine eigene parteipolitisch gefärbte Agenda, so dass sie über Referentenentwürfe nicht hinauskamen. Dadurch änderte sich weder in der gesetzlichen noch in der betrieblichen, geschweige denn in der privaten Altersvorsorge etwas. Ein Desaster für alle Beteiligten, vor allem aber für die Bürgerinnen und Bürger.

Gerade im Bereich der privaten Altersvorsorge (pAV) enthielt der Referentenwurf des BMF aber eine Reihe von guten marktwirtschaftlich orientierten Ansätzen, die wir als CDU/CSU bereits seit Jahren gefordert haben: eine Fortentwicklung der Riester-Rente mit einem vereinfachten Förder- und Zulagenverfahren; Regelungen für die rd. 16 Mio. Riester-Bestandsverträge; einer Flexibilisierung der Beitragsgarantie, Öffnung für chancenreiche und renditestarke Anlagen, wobei wir allerdings die von Lindner geplante Möglichkeit in Einzelaktien für die Altersvorsorge zu investieren, ablehnen. Wirecard sollte hier mahnen. Den Einstieg in den Kapitalmarkt z.B. über ETF begrüßen wir. Für uns als CDU/CSU ist der Ausbau der betrieblichen Altersvorsorge ebenfalls ein wichtiger Baustein der Altersvorsorge, der bislang nur schwach entwickelt ist, da er z.B. durch das Sozialpartnermodell tariflich gebunden und zumeist nur für größere Betriebe durchführbar ist. Hier streben wir eine Öffnung und Vereinfachung für alle Beteiligten an.

Antje Tillmann (CDU) MdB, Finanzpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion

In allen bisherigen Konzepten der Ampel wird nicht ausreichend berücksichtigt, dass gerade Geringverdiener über keine oder nicht ausreichende Mittel zur Ansparung einer zusätzlichen Altersvorsorge besitzen. Diese Arbeitnehmer müssen nach Auffassung des CDU/CSU daher zielgenau ertüchtigt werden, eine zusätzliche Altersvorsorge aufzubauen. Daher stellt die Kombination aus reformierter Zulagenrente (ehemals Riester) und obligatorischer „Zusatzrente“ für Arbeitnehmer mit geringem Einkommen eine zielgenaue Adressierung jener Bevölkerungsgruppen dar, die derzeit über keine zusätzliche AV verfügen. Dies sind Lösungsansätze, die sich an der Erwerbsbiographie orientieren und Altersarmut verhindern, indem sie ein ausgewogenes Verhältnis zwischen staatlicher Förderung und sich an ordnungspolitischen Grundsätzen der Eigenverantwortung orientieren. Die Vermeidung einer einzigen Standardlösung oder eines Staatsfonds, wie von rot-grün präferiert, verhindert eine damit verbundene Wettbewerbsverzerrung.

Matthias Hauer (CDU) MdB, Mitglied im

Finanzausschuss, Obmann der CDU/CSU-Fraktion

Die Komplexität der Angebote und des Marktes und die Tragweite der Entscheidungen erfordern nach dem Verständnis der Union eine umfassende qualifizierte Beratung der Versicherten durch Vermittler und Finanzdienstleister, die für die Verbraucherinnen und Verbraucher niederschwellig erfolgen sollte. Deshalb sprechen wir uns für ein faires Nebeneinander von Provisions- und Honorarberatung aus. Der Kunde soll selbst entscheiden können. Daher lehnen wir das ursprünglich in der EU-Kleinanlegerstrategie vorgesehene Provisionsverbot aus wettbewerblichen, verbraucherschutzrechtlichen und auch aus sozialpolitischen Gründen ab. Hier sind wir auf einem guten Weg. Es gilt abzuwarten, wie sich die neue EU-Kommission diesbezüglich weiter positioniert. Der neue Kommissarin Maria Luís Albuquerque scheint diesbezüglich ordnungspolitisch klarer unterwegs zu sein als ihre Vorgängerin.

Alois Rainer (CSU) MdB, Vorsitzender des Finanzausschusses

Die regulatorischen Vorgaben aus Brüssel werden wir weiter kritisch begleiten und immer wieder auf die Praktikabilität überprüfen, weshalb uns die Rückkopplung mit den betroffenen Verbänden wichtig ist. Als CDU/CSU setzen uns für eine stärkere Berücksichtigung des Proportionalitätsprinzips im Versicherungssektor ein, wie es auch die europäische Versicherungsaufsicht EIOPA fordert. Risikoarme Geschäftsmodelle sollten von unverhältnismäßig hohem Regulierungsdruck befreit werden und die Aufsichtspraxis sollte sich auf die einzelnen Risikoprofile und unternehmensindividuellen Geschäftsmodellen konzentrieren. Eine bürokratische Überregulierung für Verbraucher z.B. bezüglich des Umfangs an notwendigen Informationen im Zuge des Beratungs- und Abschlussprozesses lehnen wir ab. Weniger ist oftmals mehr! Schließlich sollte jede weitere Informationspflicht auf ihren Mehrwert für den Verbraucher hin überprüft werden und der Umfang und Inhalt insgesamt verbrauchergerechter gehalten werden. In der verbleibenden Restlaufzeit – gerade einmal 2,5 Sitzungswochen – dieser Legislaturperiode ist realistischerweise nicht mehr mit der Verabschiedung von relevanten Gesetzesvorhaben zu rechnen. Die CDU/CSU sieht sich hier nicht als Auswechselspieler für eine gescheiterte Bundesregierung, die sich bis dahin nicht einigen konnte.“

Statement Stefan Schmidt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) MdB Mitglied im Finanzausschuss

„Am 6. November hat die FDP der Koalition ein unvermitteltes Ende herbeigeführt. Damit landen viele der anstehenden Richtungsentscheidungen, ob die Reform der privaten Altersvorsorge oder das Anlegerschutzverbesserungsgesetz, wieder auf der langen Bank. Für eine Reform der staatlich geförderten privaten Altersvorsorge und einen starken finanziellen Verbraucherschutz möchte ich mich auch nach einer Neuwahl im Februar einsetzen.

Insbesondere die Riester-Reform duldet keinen Aufschub mehr: die Versicherungsmäntel geförderter Policen sind zu teuer, Modelle zur Berechnung der Lebenserwartung zu undurchsichtig, es gibt zu viele versteckte Kosten, und viele zusätzliche Leistungen schmälern die Rendite.

Die Lösung: ein öffentlich verwalteter Bürgerfonds als Standardprodukt für die private Altersvorsorge. Damit können die Menschen, insbesondere mit kleinem Einkommen, unkompliziert einen kleinen Teil ihres monatlichen Einkommens einzahlen, sofern sie sich nicht dagegen entscheiden. Selbstverständlich bleiben andere Produkte weiterhin am Markt bestehen. Viele andere Länder machen uns mit ähnlichen Modellen bereits vor, wie es geht. Auch die Qualitätssicherung in der Anlageberatung bleibt in meinem Fokus. Denn der Vertrauensverlust in die Branche ist immens, nachdem im Provisionsgeschäft aufgrund falscher Anreize häufig unpassende Produkte verkauft werden. Und dennoch wird die Honorarberatung an den Rand gedrängt. Dabei sind weder in Großbritannien noch in den Niederlanden Beratungslücken entstanden, seit die Provisions- durch die Honorarberatung ersetzt wurde. Eine unabhängige und qualitativ hochwertige Beratung ist nicht nur ein Vorteil für Verbraucherinnen und Verbraucher. Auch die Branche kann so verlorenes Vertrauen wieder zurückgewinnen. Es ist an der Zeit, auch in Deutschland Alternativen zur Provisionsberatung mehr Raum zu geben.

Wichtige Themen bleiben auch ESG, Berichtspflichten und Taxonomie. Ich freue mich auf den weiteren Austausch mit der Branche und den Versicherten!“

Statement Markus Ferber (CSU) MdEP, Koordinator der EVP-Fraktion im Ausschuss für Wirtschaft und Währung im Europäischen Parlament

Kleine und mittelständische Versicherer beklagen eine mangelnde Proportionalität bei Regulierung und Aufsicht. Sollten aus Ihrer Sicht für alle Unternehmen unabhängig von der Größe die gleichen regulatorischen Anforderungen gelten oder inwiefern sollten hier unterschiedliche Maßstäbe gelten?

„Ich bin grundsätzlich kein Freund eines ,one size fits all‘-Ansatzes in der Regulierung. Die Welt ist komplex und das sollte sich auch in der Regulierung widerspiegeln. Die Intensität von Aufsicht und Regulierung sollte sich am Ende des Tages am Risiko des Geschäftsmodells bemessen. Im Sinne des Verhältnismäßigkeitsprinzips sollte eigentlich jedem klar sein, dass eine international tätige Investmentbank anders reguliert und beaufsichtigt werden muss, als ein selbständiger Finanzberater. Beides mögen Wertpapierfirmen im weitesten Sinne sein, das Risikoprofil ist aber sehr klar ein anderes.

Leider findet sich dieser Gedankengang in europäischer Finanzmarktregulierung bisher nur unzureichend wieder. Zwar gibt es sowohl in den jeweiligen Rechtsakten für Banken, Wertpapierfirmen als auch Versicherungen gewisse Erleichterungen, die hart erkämpft waren, insgesamt bleibt das Regime für kleinere Unternehmen aber ungenügend. Hier zeigt sich auch ein strukturelles Pro­blem: in der Arbeit der Europäischen Kommission und der zuständigen Stellen wie der Europäischen Wertpapieraufsicht (ESMA) wird die Perspektive kleinerer Marktteilnehmer häufig nur unzureichend berücksichtigt. Im Europäischen Parlament ist es dann oft ein harter Kampf, die Anliegen von kleinen und mittleren Unternehmen noch in den Gesetzgebungsprozess einzubringen. Als Sprecher des Parlamentskreis Mittelstand im Europäischen Parlament ist mir aber gerade das ein besonderes Anliegen. Denn für mich ist klar: wir brauchen mehr Proportionalität bei Regulierung und Aufsicht.“

Statement Anja Schulz (FDP) MdB Mitglied im Finanzausschuss des Deutschen Bundestages

„Das vorzeitige Ende der Ampelkoalition wirft zentrale Finanzmarktvorhaben zurück. Maßnahmen mit liberaler Handschrift, die im ehemals FDP-geführten Finanzministerium entwickelt wurden, stehen vor dem Aus. Besonders betroffen: die dringend benötigte Reform der privaten Altersvorsorge. Der vorgelegte Referentenentwurf war ein Meilenstein – weg von Riester, hin zu einer modernen Alternative.

Als FDP-Bundestagsfraktion haben wir daher im Dezember einen Gesetzentwurf in den Bundestag eingebracht. Unser Ziel: Den Reformprozess vorantreiben, bevor weiteres Vertrauen und Investitionschancen verloren gehen. Nun liegt der Entwurf im Ausschuss. Die anderen Parteien müssen zeigen, wie ernst sie es mit der Reform meinen. Bislang blieb ein klares Bekenntnis aus, stattdessen dominieren altbekannte Klischees die Diskussion.

Klar positioniert und erfolgreich abgewendet hat die FDP das generelle Provisionsverbot auf EU-Ebene. Doch die Trilogverhandlungen zur Kleinanlegerstrategie könnten den Ratsbeschluss durch delegierte Rechtsakte untergraben. Auch national scheinen mit der neuen Hausleitung Einschränkungen für die Provisionsberatung möglich, sobald die Umsetzung der Strategie ansteht. Das zeigt: Vielfalt in der Beratung steht weiter unter Druck. Dabei ist sie entscheidend für die Investmentkultur und den Zugang zu moderner Vorsorge und Anlage. Dafür werden wir uns weiter einsetzen.

Sicherstellen müssen wir zudem, dass diese Vielfalt auch durch die Aufsicht nicht unnötig eingeschränkt wird. Die BaFin spielt hier eine Schlüsselrolle. Die geplante Ausweitung der Wohlverhaltensaufsicht auf weitere Sparten erfordert Augenmaß. Verbraucherschutz und Kundenzufriedenheit sind elementar – doch dies darf nicht in ein grundsätzliches Misstrauen gegenüber der Branche und marktwirtschaftlichen Lösungen umschlagen. Vielfalt und Wettbewerb auf dem Finanzmarkt schaffen bessere Produkte und Lösungen für Verbraucher und Unternehmen.

Und so wird das kommende Jahr entscheidend: Richtungswechsel in der Politik und Grundsatzentscheidungen auf europäischer Ebene treffen auf die Chance, neue Weichen für Vorsorge und Anlage zu stellen. Statt sich auf Verbote und Einschränkungen zu fokussieren, müssen moderne, flexible und renditestarke Lösungen ermöglicht werden. Die FDP bleibt an der Seite der Sparer und Anleger – und wird dafür kämpfen, dass diese Ideen Realität werden.“

Statement Michael Schrodi (SPD) MdB Mitglied im Finanzausschuss, finanzpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion

„Das Jahr 2025 steht in der Finanzpolitik unter besonderen Vorzeichen: Es ist das Jahr der vorgezogenen Bundestagswahl, was nicht nur den Wahlkampf intensiviert, sondern auch die Dringlichkeit unterstreicht, die Weichen für zentrale Zukunftsfragen zu stellen. Wir erkennen die Herausforderungen, vor denen unsere Wirtschaft und vor allem kleinee und mittelständische Betriebe aktuell stehen. Die Anstrengungen, die mit der ökologischen und digitalen Transformation verbunden sind, zahlen sich zwar langfristig aus, führen in der kurzen und mittleren Frist zunächst zu einem erhöhten Investitionsbedarf. Wir sehen es als Aufgabe der Politik, diesen Prozess mit einem zielgenauen Bürokratieabbau zu unterstützen.

Es geht um Effizienzsteigerungen, ohne aber etwa Faktoren wie den Verbraucherschutz zu schwächen. Insbesondere bei nachhaltigen Finanzanlagen wollen wir prüfen, ob bestehende Regelungen vereinfacht und gezielt entbürokratisiert werden können. Ein generelles Regulierungs-Moratorium halten wir jedoch für nicht angezeigt, da politische Lenkungsfunktion häufig durch rechtliche Vorgaben erreicht wird. Es geht nicht um einen Regulierungsstopp oder gar Deregulierung, sondern um die richtige Regulierung.

Deshalb ist es wichtig, dass neue Regulierung auf ihren Mehrwert für Verbraucherinnen und Verbraucher hin geprüft werden. Gleichzeitig müssen wir verhindern, dass Kosten für Vermittler und Produktgeber in einer Weise steigen, die den Markt für sowohl die Anbieter- als auch Nachfrageseite unattraktiv macht. Eine solche Balance erfordert eine präzise Folgenabschätzung und einen kontinuierlichen Dialog mit allen Stakeholdern.

Lennard Oehl

Die SPD-Fraktion setzt sich daher auch für eine stärkere Proportionalität in der Finanzregulierung ein. Es ist nicht zielführend, kleine und mittelständische Versicherer denselben Anforderungen zu unterwerfen wie Großkonzerne. Maßgeschneiderte Regelungen, die die Größe und Komplexität der Unternehmen berücksichtigen, erhöhen die Wettbewerbsfähigkeit des Marktes und stärken insbesondere den Mittelstand. Um die Transformation der Wirtschaft zu unterstützen, sollten wir zielgerichtete steuerliche Verbesserungen von Investments in Venture Capital in Erwägung ziehen und diskutieren. Mit der BaFin wurde zudem ein Bündel an Entlastungsmaßnahmen erarbeitet, das den Aufwand für Unternehmen gezielt reduziert, ohne die Aufsicht zu schwächen. Für diese Art von Bürokratieabbau werden wir uns als SPD-Bundestagfraktion auch in Zukunft weiter einsetzen.

Lennard Oehl (SPD) MdB

Mitglied im Finanzausschuss, Berichterstatter für Kapitalmarkt

Zusammenfassend bleibt unser Ziel klar: Eine Finanzpolitik, die den Mittelstand und Start-ups stärkt, Verbraucherinnen und Verbraucher schützt und eine gerechte, nachhaltige Entwicklung unseres Landes ermöglicht.“

Statement Ralf Seekatz (CDU) MdEP Mitglied im ECON, Schattenberichterstatter RIS

„Die Diskussion über die Einführung eines Provisionsverbots berührt die zentrale Frage der Qualität und Zugänglichkeit von finanzieller Beratung. Selbst die EU-Kommission hatte sich nach eingehender Prüfung letztendlich gegen ein vollständiges Provisionsverbot entschieden, da dies erhebliche Auswirkungen auf bestehende Vertriebssysteme mit schwer vorhersehbaren Folgen hätte.

Die Einführung eines Provisionsverbots würde den Kapitalmarkt für Anleger weder attraktiver, noch zugänglicher machen. Im Gegenteil: Erfahrungen aus den Niederlanden oder dem Vereinigten Königreich haben gezeigt, dass durch Provisionsverbote die Gefahr einer Beratungslücke entsteht und viele Anleger mit weniger Kapital keinen Zugang mehr zu qualifizierter Beratung haben und dadurch seltener am Kapitalmarkt aktiv sind, oder auf riskante Alternativen setzten.

Verbote sollten in einer freien Marktwirtschaft nur in Betracht gezogen werden, wenn andere Maßnahmen nicht mehr greifen.

Im Europäischen Parlament haben wir uns deshalb für einen stärkeren Value for Money Ansatz und gegen ein Provisionsverbot entschieden. Durch Produktbenchmarks werden nun überteuerte und ineffiziente Produkte schneller vom Markt genommen. Damit setzen wir auf Regeln die den Verbraucherschutz stärken und gleichzeitig den fairen Wettbewerb fördern, ohne die breite Zugänglichkeit von Beratung einzuschränken.“

Statement Dr. Florian Toncar (FDP) MdB Parlamentarischer Staatssekretär im BMF 12/21–11/24

„Das Ende der Ampelkoalition führt dazu, dass leider mehrere Gesetzgebungsverfahren zur Finanzmarktpolitik und Altersvorsorge ins Stocken geraten sind und aller Voraussicht nach nicht mehr in dieser Legislaturperiode abgeschlossen werden. Das betrifft wichtige Vorhaben zur Stärkung des Kapitalmarktes wie das Fondsmarktstärkungsgesetz und das Zukunftsfinanzierungsgesetz II. Der Abschluss des Finanzmarktdigitalisierungsgesetzes, das wichtige EU-Vorgaben insbesondere zur Regulierung der Kryptomärkte und für IT-Sicherheitsstandards im Finanzsektor umsetzen soll, wird leider schon seit über einem halben Jahr von der Grünen-Bundestagsfraktion blockiert.

Besonders dringend sind aber die ausstehenden Reformen der privaten sowie der betrieblichen Altersvorsorge. Da in den nächsten Jahren deutlich mehr Personen aus den geburtenstarken Jahrgängen den Arbeitsmarkt verlassen werden als neue Erwerbstätige nachkommen, ist es uns Freien Demokraten wichtig, dass gerade diese Reformen nach dem Regierungswechsel schnellstmöglich umgesetzt werden. Auf den Vorarbeiten aus der nun zu Ende gehenden Legislaturperiode können und wollen wir dabei aufbauen: So hat das Finanzministerium noch unter Christian Lindner einen Referentenentwurf zur Reform der privaten Altersvorsorge vorgelegt, dessen Kernstück ein gefördertes Altersvorsorgedepot ohne Garantien ist, durch das in Fonds, ­Aktien und Anleihen investiert werden kann. Damit wir endlich in der geförderten privaten Altersvorsorge die Wachstumschancen des Kapitalmarktes voll ausnutzen, wird diese Reform eines der ersten Projekte sein, die wir angehen, wenn wir Freie Demokraten nach der vorgezogenen Bundestagswahl wieder Regierungsverantwortung übernehmen.Auch zur Reform der betrieblichen Altersvorsorge liegt mit dem Entwurf für das zweite Betriebsrentenstärkungsgesetz schon ein guter Aufschlag in der Schublade, um die Verbreitung der betrieblichen Altersvorsorge zu fördern und auch hier höhere Renditen zu ermöglichen. Auch dieses Vorhaben wollen wir Freie Demokraten in der nächsten Bundesregierung schnellstmöglich umsetzen.