„Immer mehr institutionelle Investor*innensetzen auf Nachhaltigkeit. Denn sie wissen: Der Klimawandel stellt einen entscheidenden Wirtschaftsfaktor in den Märkten der Zukunft dar. Ihn zu beachten hilft, Risiken zu minimieren und Anlagechancen zu erkennen. Diese Zusammenhänge im Rahmen der Anlageberatung auch stärker ins Bewusstsein von Kleinanleger*innen zu bringen, ist eine wichtige Aufgabe der vielen Finanzanlagevermittler*innen in ihrem täglichen direkten Kundenkontakt. Seit dem 2. August 2022 ist die Abfrage der Nachhaltigkeitspräferenzen in der Anlageberatung verpflichtend. Trotzdem sind nachhaltige Geldanlagen laut einer Umfrage des BdB aus dem Oktober 2023 weiterhin nur rund der Hälfte der Befragten ein Begriff. Vor allem Wissenslücken und fehlende Informationen halten von nachhaltigen Geldanlagen ab. Dies macht deutlich: Der Prozess zur Abfrage der Nachhaltigkeitspräferenzen nach Mifid II ist womöglich zu komplex und wenig anlegerfreundlich und damit reformbedürftig.
Ist für mich von Belang, welche Auswirkungen meine eigene Geldanlage auf Umwelt- und soziale Kriterien hat? Möchte ich durch meine Anlage Positives bewirken – etwa durch Investitionen in schon nachhaltige Geschäftsmodelle oder Investitionen, die zu einer Transformation beitragen? Diese Fragen in einem jeden Beratungsgespräch zu klären, ist richtig und wichtig. Wie viel Mehrwert es jedoch bringt, Anleger*innen in die komplexen Nachhaltigkeitskonzepte der Taxonomie und Offenlegungsverordnung einzuführen und darüber hinaus konkrete Mindestquoten abzufragen, ist hingegen fraglich. Zumal beispielsweise hohe Taxonomiequoten von Finanzprodukten, aufgrund der fatalen Entscheidung Atom und Gas als nachhaltig zu klassifizieren, kein geeigneter Gradmesser dafür sind Negatives zu vermeiden oder Positives zu bewirken; und der ’Green Asset Ratio’ ein reformbedürftiger Indikator ist.
Anpassungsbedarf besteht auch bei der Regulierung nachhaltiger Finanzprodukte. Schließlich geht es darum, Kund*innen am Ende der Beratung ein zu ihren Nachhaltigkeitspräferenzen passendes Produkt anzubieten. Hier rächt sich, dass im Rahmen der EU-Offenlegungsverordnung versäumt wurde, neben Transparenzpflichten auch klare Mindestkriterien für nachhaltige Finanzprodukte zu schaffen. So kann sich eine Beraterin bspw. nicht darauf verlassen, ihrem ökologisch anspruchsvollen Kunden mit der Präferenz Positives zu bewirken mit einem ,dunkelgrünen‘ Art. 9 Produkt gerecht zu werden. Denn nur 60 Prozent dieser Fonds verfolgen nach einer aktuellen Studie der Uni Hamburg tatsächlich eine wirkungsorientierte Anlagestrategie.
Insgesamt gilt: Mit einfacheren und vor allem sinnvoller aufeinander abgestimmten Regeln ließe sich das wichtige Ziel, Nachhaltigkeit von Finanzanlagen in der Breite zu verankern, besser erreichen.“