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Von Lippenbekenntnissen und echtem Service

Arne Jenn, Inhaber von Arne Jenn Finanzkonzepte GmbH & Co. KG aus Köln, äußert sich im Interview mit der BFV zu aktuellen Entwicklungen und spricht über seine Wünsche in der künftigen Zusammenarbeit mit Versicherungsgesellschaften.

© Arne Jenn

Hallo Herr Jenn, schön, dass Sie sich die Zeit genommen haben, um mit uns einmal eine Art Bestandsaufnahme hinsichtlich der Zusammenarbeit zwischen Versicherern und Vermittlern durchzuführen. Aktuell bestimmen Pandemie, Krieg und Inflation die Nachrichten. Wie gehen Sie als Vermittler mit den derzeitigen Herausforderungen um?

Wir haben unser digitales Angebot erweitert. Termine fanden in der Pandemie anfangs nur telefonisch oder per Videoberatung statt, was aber erstaunlich gut geklappt hat. Durch die Kriegsereignisse haben wir noch stärker festgestellt, dass man berufliche Dinge nicht aufschieben und versuchen sollte, sie sehr zeitnah umzusetzen. Bei der Beratung zu Kapitalanlagen versuchen wir unsere Kunden noch mehr als bisher auf renditestärkere Produkte zu sensibilisieren, um zumindest einen Inflationsausgleich zu erzielen.

Wie hat aus Ihrer Sicht die Zusammenarbeit zwischen Vermittlern und Versicherern in den erschwerten Pandemie-Zeiten funktioniert?

Das war sehr unterschiedlich. Bei manchen Versicherern hat das immer erstaunlich gut und zuverlässig funktioniert — die Bearbeitungszeiten waren sehr ähnlich wie vorher. Bei vielen Gesellschaften war das Thema Erreichbarkeit und Bearbeitungsdauer mehr als grenzwertig. Dies hat bei uns zu einer noch stärkeren Fokussierung auf Hauptpartner geführt.

Egal in welche Branchen man derzeit schaut: Digitalisierung, Transformation und Nachhaltigkeit sind omnipräsent. Welche Rolle spielen diese Entwicklungen für Sie?

Das Wort Nachhaltigkeit wird leider immer häufiger zu einer Werbebotschaft ohne echten Kern „missbraucht“. Dabei ist das Thema wirklich wichtig. Es gibt aber zum Glück auch wirkliche Innovationen, die das Wort Nachhaltigkeit auch verdienen. Hier gilt für mich: „Lieber machen als nur darüber reden“.

Wie sind die Versicherer, durch die Vermittlerbrille betrachtet, hierbei aufgestellt?

Sehr unterschiedlich. Es gibt immer noch Gesellschaften, die uns die gesamte Post noch auf dem klassischen Zustellweg senden und unerträglich viel Papier versenden, was unserseits noch gescannt und dann geschreddert werden muss. Welche Zeit- und Ressourcenverschwendung! Leider sind auch einige Gesellschaften dabei, die ich von ihrer Produktqualität grundsätzlich schätze. Sollten sie aber hier nicht fortschrittlicher werden, würden wir uns nach Alternativen umschauen. Aber selbstverständlich gibt es auch hier bei einigen Unternehmen tolle Ideen und Umsetzungen zum Beispiel ein „Papierlos“-Nachlass.

Worin erhoffen Sie sich noch mehr Support und Angebote?

Die immer weitergehende Umsetzung der BiPRO-Schnittstellen und die nahezu papierlose Kommunikation muss weitergehen. Auch dass Gesellschaften Maklerverwaltungsprogramme zur Verfügung stellen, damit digital gearbeitet werden kann, zeigt, dass einige Versicherer hier vorbildlich denken. Die Erleichterung der Zusammenarbeit und der täglichen Arbeit im Maklerbüro ist aus meiner Sicht viel wichtiger als der letzte Prozentpunkt Courtage. Hier ist aus meiner Sicht beispielsweise die VEMA ein sehr positives Beispiel.

Inwiefern legen Ihre Kunden Wert auf Nachhaltigkeit?

Ich bin hierauf in den letzten 30 Jahren beruflich fast nie angesprochen worden. Es sei denn, ich habe es zum Thema gemacht. Es ist zwar gerade in aller Munde, aber oft sind es leider auch nur Lippenbekenntnisse…

Die digitale Transformation bietet bereits zahlreiche Möglichkeiten, Prozesse zu beschleunigen und zu automatisieren. Was läuft denn bereits in Sachen Antragsbearbeitung, Policierung, Änderungsmitteilung und Schadenbearbeitung im Workflow mit Versicherungen gut und was nicht?

Die Gesellschaften sind hier sehr unterschiedlich aufgestellt. Leider sind auch rechtliche Dinge oft nicht vollständig geklärt wie zum Beispiel die digitale Unterschrift, so dass einzelne Versicherer hier noch zurückhaltend sind. Auch bei der digitalen Post und der künstlichen Intelligenz tut sich gerade viel. Das wird es zukünftig noch leichter machen.

Innerhalb des Services sollten Versicherer welche Faktoren aus Ihrer Sicht noch mehr berücksichtigen?

Bessere Erreichbarkeit, schnelle Bearbeitung durch mehr qualifiziertes Personal wäre zumindest aus meiner Sicht sehr wünschenswert. Immer längere Wartezeiten in Warteschlangen am Telefon durch massiven Personalabbau sind extrem ärgerlich. Es kostet sehr viel unnötige Zeit und ist sehr nervend.

Wie beurteilen Sie die Kommunikationskultur der Versicherungsbranche gegenüber ihren Geschäftspartnern? Fühlen Sie sich gut informiert?

Leider nicht immer. Auch hier werden immer mehr direkte Ansprechpartner und Maklerbetreuer abgebaut. Nur noch digitale Rundschreiben gehen in der Masse der täglichen E-Mail-Flut häufiger unter. Der persönliche Kontakt darf nicht ganz verloren gehen. Das sollten Gesellschaften nicht unterschätzen.

Wie werden Versicherer mit dem Versicherungsmakler der Zukunft eine effiziente und nützliche Zusammenarbeit gemeinsam erreichen können und sie in ihren Belangen unterstützen?

Das zur Verfügung stellen von allen digitalen Möglichkeiten in Zusammenhang mit konkreten Ansprechpartnern bei fachlichen Fragen und auch bei der Schadenbearbeitung wäre aus meiner Sicht der Königsweg. Aber auch die Unterstützung im Bestandsgeschäft zur Haftungsreduzierung durch Kampagnen wäre sehr hilfreich, etwa alle Gebäudeversicherungen ohne Elementarschutz o.ä. anzuzeigen und uns leichte, unkomplizierte Umstellungsangebote zur Verfügung zu stellen.

Das Interview führte Daniel Ruths im Auftrag der BFV.