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BFV fordert bei EU-Konsultation erneut Aussetzung der Nachhaltigkeitspräferenzabfrage-Pflicht

Die EU-Kommission hat am 02.05.2025 die Konsultationsphase zur Anpassung der Verordnung über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor (SFDR) gestartet. Interessenträger können sich zur Einschätzung des Problems durch die Kommission und zu möglichen Lösungen äußern und eine Folgeneinschätzung vornehmen. Rückmeldungen sollen in die für das 4. Quartal 2025 geplante Überarbeitung der SFDR einfließen. Die SFDR verfolgt u.a. das Ziel, einen maßgeblichen Beitrag zu leisten zur Mobilisierung privater Mittel, um den Wandel hin zu mehr Nachhaltigkeit voranzutreiben, also den sogenannten ‚Green Deal‘. Da ist die EU seit 2021 nicht wirklich vorangekommen und hat inzwischen zur Kenntnis nehmen müssen, dass die SFDR erhebliche Schwachstellen hat, „die ein vollständiges Erreichen der verfolgten Ziele verhindern“, so die EU-Kommission zu ihrer Überarbeitungs-Initiative. Konkret führt sie als Schwachstellen auf die ++ mangelnde Rechtsklarheit in Bezug auf zentrale Konzepte ++ die geringe Relevanz bestimmter Offenlegungspflichten ++ Überschneidungen und Unstimmigkeiten gegenüber anderen Teilen des Rahmens für ein nachhaltiges Finanzwesen und ++ Probleme im Zusammenhang mit der Datenverfügbarkeit. „Diese Schwachstellen haben zu Herausforderungen bei der Umsetzung und zu unverhältnismäßigen operativen Kosten für die Finanzmarktteilnehmer geführt. Ferner haben sie Unklarheiten und eine mangelnde Vergleichbarkeit der Nachhaltigkeit verschiedener Finanzprodukte, die Anlegern in der EU angeboten werden, zur Folge. Dies wiederum birgt sowohl die Gefahr von ‚Greenwashing‘ als auch die ungerechtfertigte Ausgrenzung einiger Sektoren aufgrund der Art und Weise, wie bestimmte Vorschriften in der Praxis angewendet werden“, erkennt die EU-Kommission den negativen Einfluss inkohärenter und überzogener Regulierung. Ziel der Überarbeitung ist nun, den Rahmen einfacher und praktikabler zu gestalten, übermäßige Belastungen für berichtende Unternehmen abzubauen sowie Anforderungen zu vereinfachen.

Das hätte die EU Kommission einfacher und vor allem viel früher, bereits 2022, haben können, als die Bundesarbeitsgemeinschaft zur Förderung der Versicherungsmakler (BFV) sich sehr kritisch zu einem unklaren Rechtsrahmen, einer fehlenden einheitlichen und haftungssicheren Definition von ‚Nachhaltigkeit‘ und einer praxisfremden Nachhaltigkeitspräferenzabfrage äußerte. Am 13.05.2022 beteiligte sich die BFV mit einer Stellungnahme (https://tinyurl.com/4un7twtt) an EIOPA an deren Konsultation zum Entwurf von Leitlinien zur Einbeziehung der Nachhaltigkeitspräferenzen des Kunden in die Eignungsprüfung im Rahmen der Versicherungsvertriebsrichtlinie und kritisierte bereits damals das Abfrageprozedere bei der Nachhaltigkeitspräferenzabfrage-Pflicht als praxisfremd, prognostizierte eine ablehnende Haltung und den Abbruch von Beratungsgesprächen, mit der Folge, dass „damit der politische Wille zu mehr nachhaltigen Investments konterkariert“ wird. Zudem hat die BFV bereits 2022 vor der Disparität im ESG-Gesamtszenario gewarnt:

„Nach wie vor besteht das Problem, dass die Nachhaltigkeitsdefinition der SFDR keine bzw. wenig Kompatibilität zu den ESG-Industriestandards aufweist. In der gesamten SFDR fehlt eine nachhaltige – also überdauernde – Definition von Nachhaltigkeit. Gerade die aktuellen politischen Debatten zu Gentechnik, Atomkraft, Erdgas und Rüstungstechnik zeigen, dass ‚Nachhaltigkeit‘ in einigen Bereichen nur eine flüchtige subjektive Wahrnehmung ist. Aus diesem Grund ist es auch extrem kurzlebigen Schwankungen unterworfen, welche Anlageprodukte (von Kunden) als nachhaltig wahrgenommen werden. Dieses Änderungsrisiko darf nicht zu einer Haftungsgefahr für Anbieter und Vermittler werden.“ Daher hat die BFV bereits 2022 gefordert, das Inkrafttreten zu verschieben und konstruktive Vorschläge unterbreitet. Mit Stellungnahme an die EU-Kommission vom 22.05.2025 bekräftigt die BFV: „Der aktuelle Rechtsrahmen (SFDR, Taxonomie-Verordnung, Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen) ist unklar bzw. in Teilen widersprüchlich. Es fehlt eine einheitliche und haftungssichere Definition von ‚Nachhaltigkeit. Notwendig sind klare und verständliche Kategorien.“

Die BFV verweist auf das 17. AfW-Vermittlerbarometer: Demnach lässt das Produktangebot im Bereich der Nachhaltigkeit weiterhin zu wünschen übrig. Die Frage, ob das Produktangebot im Finanzanlagenbereich ausreichend ist, um die Nachhaltigkeitspräferenzen der Kunden bedienen zu können, bejahte weniger als die Hälfte der Umfrageteilnehmer. Nur 47,6 % der Vermittlerinnen und Vermittler stufen die angebotenen Produkte bei Finanzanlagen als ausreichend ein, bei Versicherungen sind es mit 45,5 % noch weniger. „Das nicht ausreichende Produktangebot belegt, wie dringend eine Überarbeitung zur Verbesserung der Funktionsweise der SFDR notwendig ist. Es ist auch im Sinne des von der EU erhofften ‚Green Deal‘, übermäßige Belastungen kräftig abzubauen, die Anforderungen deutlich zu vereinfachen und den Aufwand für die ESG-Berichterstattung durch Finanzmarktteilnehmer erheblich zu verringern, damit das Produktangebot größer wird“, so BFV-Koordinator Erwin Hausen.

Bereits bei der Stellungnahme vom 13.05.2022 hat die BFV darauf hingewiesen, dass bei den Leitlinien die Gefahr besteht, dass Verbraucherinnen und Verbraucher missionarisch eher bedrängt werden, Nachhaltigkeitspräferenzen haben zu müssen sowie inhaltlich und zeitlich überfordert werden, so dass eine ablehnende Haltung und ein Abbruch des Beratungsgesprächs droht. „Verbraucher werden dann entweder auf sinnvolle und notwendige Altersvorsorge verzichten oder ohne Beratung per Selbstentscheider einen Abschluss online tätigen, der ggf. konventionelle Produkte ohne Nachhaltigkeit betrifft. Damit wird der politische Wille zu mehr nachhaltigen Investments konterkariert. (…) Für Vermittler entsteht ein erheblicher Mehraufwand, der den Beratungsprozess verteuert und verkompliziert. Auch das spricht für eine Entschlackung des geplanten Abfrageprozesses und für eine geringere Abfrageintensität“, erinnert die BFV. Wie sich ein praxisfernes Regulierungselement auswirkt, zeigt ein Vergleich der Ergebnisse des Vermittlerbarometers aus 2022 mit denen des 17. AfW-Vermittlerbarometers: „Während Vermittler 2022 über ein hohes Interesse (53 %) der Kunden an Nachhaltigkeit berichteten, sind nun, angesprochen auf das Thema Nachhaltigkeit, nur noch 21 % interessiert daran, ihre Nachhaltigkeitspräferenzen zu besprechen.“ Daher spricht die BFV sich dafür aus, dass „in einem ersten Schritt die Pflicht zur Nachhaltigkeitspräferenzabfrage umgehend ausgesetzt wird und in einem zweiten Schritt ein ideologiefreies, sachgerechtes und praxisnahes Abfrageprozedere entwickelt wird“. Die Realität hat die damalige Prognose, dass die Regelungen für den ‚Green Deal‘ kontraproduktiv sind, bestätigt.